Paris – Knapp einen Monat nach Bränden an einer von "Gelbwesten" besetzten Mautstation hat die Polizei in Frankreich Dutzende Verdächtige festgenommen. Rund 160 Sicherheitskräfte seien bei der Aktion am Dienstag im Einsatz gewesen, teilte die Polizei mit.

Es seien 35 Menschen in Gewahrsam genommen worden. Sie werden verdächtigt, für Brände und Vandalismus an der Mautstation bei Bessan in Südfrankreich Mitte Dezember verantwortlich zu sein. Mehrere Medien berichteten, dass es sich bei den Festgenommenen vor allem um Randalierer handelte, die sich damals unter friedliche "Gelbwesten" gemischt hatten.

Erst am Montagabend hatte Premierminister Edouard Philippe angekündigt, dass die Regierung künftig härter gegen Randalierer vorgehen werde. Man plane außerdem ein Gesetz, dass Organisatoren unangemeldeter Demonstrationen härter bestrafe. "Wir müssen die Demonstrationsfreiheit in Frankreich bewahren und diejenigen bestrafen, die sie verletzen wollen", hatte Philippe erklärt.

"Nationale Debatte"

Die Spitzenbeamtin Chantal Jouanno kündigte am Abend im TV-Sender France 2 an, sie wolle nicht mehr die von Staatschef Emmanuel Macron angekündigte landesweite Bürgerdebatte um Reformen leiten. Zuvor hatte es eine öffentliche Debatte um ihre Entlohnung an der Spitze einer seit langem bestehenden staatlichen Einrichtung für Bürgerbeteiligung gegeben – das Gehalt liegt laut Medienberichten bei rund 14.700 Euro brutto im Monat.

Jouanno ist eine bekannte frühere Mitarbeiterin des damaligen Staatschefs Nicolas Sarkozy, der von 2007 bis 2012 amtierte. Die "nationale Debatte" soll in der kommenden Woche starten und eine Antwort sein auf die "Gelbwesten"-Proteste.

Am vergangenen Wochenende war es wieder zu gewalttätigen Ausschreitungen bei Demonstrationen der "Gelbwesten" gekommen. Auch für das kommende Wochenende werden wieder Demonstrationen erwartet. Im ganzen Land sollen dann dem Premier zufolge knapp 80.000 Sicherheitskräfte im Einsatz sein, in Paris rund 5.000.

Unterdessen sorgte eine Spendenaktion für den ehemaligen Boxer, der am Samstag bei den Demonstrationen in Paris einen Polizisten angegriffen haben soll, für Ärger. Nach heftiger Kritik stellte die Plattform für Crowdfunding Leetchi die Aktion ein. Das bisher gesammelte Geld dürfe nur für die juristische Verteidigung des Mannes verwendet werden – entsprechende Belege müssten eingereicht werden. Nach Angaben des Senders France Info waren mehr als 100.000 Euro zusammengekommen. Wer für jemanden spende, der einen Polizisten schlägt, mache sich zum Komplizen, kritisierte Staatssekretärin Marlene Schiappa den Spendenaufruf.

Empörung über italienische Rückendeckung

Auch die Rückendeckung der italienischen Regierung für die Protestbewegung der "Gelbwesten" stieß in Paris auf Empörung. Frankreich verbat sich am Dienstag am Rande des Außenministerrats in Brüssel eine Einmischung in innere Angelegenheiten. Italiens Vize-Regierungschef Luigi di Maio warf der Regierung von Präsident Emmanuel Macron daraufhin "Heuchelei" vor.

"Die Priorität der italienischen Regierung sollte es sein, sich um das Wohlergehen des italienischen Volkes zu sorgen", sagte die französische Europaministerin Nathalie Loiseau in Brüssel. Die Regierung in Rom habe von den europäischen Partnern immer wieder Respekt verlangt, betonte sie. "Dieser Respekt steht ihr auch zu, aber er steht jedem Land zu, vor allem wenn es sich um Nachbarn, Verbündete und Freunde handelt." (APA, 8.1.2019)