Die Regierung wird sich bei ihrer Klausur in Mauerbach für ein weiteres Leuchtturmprojekt ausgiebig beklatschen. Mit der Steuerreform setzt sie tatsächlich einen richtigen Schritt. Er entlastet die Arbeitnehmer, bringt den Unternehmen zumindest eine Perspektive einer Steuersenkung und setzt Akzente bei der Entrümpelung des Steuersystems.

Worüber sicherlich gestritten wird: ob es sich um einen großen Wurf handelt. Auch wenn eine detaillierte Beurteilung im Vorfeld nicht zweckmäßig erscheint, kann eine Feststellung sehr wohl schon jetzt getroffen werden. Den Ansprüchen einer sich rasch wandelnden Wirtschaft und Gesellschaft wird die Reform nicht gerecht. Da müsste man schon in etwa 20 Milliarden Euro in die Hand nehmen.

Entlastung der Arbeit

Die aktuelle Entlastung der Regierung ist nicht nur zu spärlich dotiert, es fehlen vor allem radikalere Schritte bei der Entlastung der Arbeit. Dabei geht es nur in zweiter Linie darum, dass die Beschäftigten mehr Netto vom Brutto haben sollen. Absolute Priorität sollte die Reduktion der Arbeitskosten insgesamt haben, die der Staat vor allem durch die immens hohen Sozialbeiträge verteuert. Denn anders kann den Umbrüchen in der Arbeitswelt nicht begegnet werden. Während die meisten Österreicher mit konstantem Jobverlauf mehr oder weniger gut über die Runden kommen, wächst der Anteil von Teilzeit, Leiharbeit, befristeten Stellen und Geringfügigkeit. Der Rechnungshof hat die Zahl dieser Erwerbstätigen kürzlich mit 44 Prozent angegeben.

Nun sollte nicht gleich jeder Teilzeitjob als prekär verteufelt werden, doch dass Minijobs und Working Poor rasant zunehmen, ist nicht von der Hand zu weisen. Hier bedarf es massiver Anstrengungen auf dem Gebiet der Qualifizierung, aber eben auch bei den Abgaben. Denn von einem kann getrost ausgegangen werden: dass die Digitalisierung und die Globalisierung den Druck auf das untere Lohnsegment weiter erhöhen werden. Nun geht es auch, aber nicht nur, darum, die Lebenssituation der Bezieher niedriger Einkommen zu verbessern. Noch größer ist das Problem, dass die Sozialversicherungsbeiträge den Faktor Arbeit verteuern und somit Beschäftigung verhindern. Dazu kommt, dass Lohnnebenkosten den Anreiz reduzieren, einen Job anzunehmen, weil die Differenz zwischen Arbeitslosengeld und Erwerbseinkommen im unteren Lohnbereich oft gering ist.

Ökologisierung des Steuersystems

Dass der Schuh in Österreich besonders drückt, ist unumstritten. Von den Industriestaaten hebt nur Frankreich höhere Sozialbeiträge ein. Würde Österreich diese auf das Durchschnittsniveau der OECD-Länder senken, käme das einer Reduktion um rund 20 Milliarden Euro gleich. Eine Fantasiezahl? Keineswegs! Selbstredend können derartige Summen in den Sozialsystemen niemals eingespart werden. Sehr wohl aber sollten alternative Finanzierungen für Gesundheit, Pensionen oder Arbeitslosenversicherung angedacht werden. Varianten dafür gibt es einige – Stichwort Ökologisierung des Steuersystems oder Einführung einer Vermögens- und Erbschaftsteuer. Ein beträchtlicher Teil müsste freilich durch die Erhöhung anderer Steuern aufgebracht werden. Fast jede Abgabe bietet sich hier an, sie darf nur nicht lohnabhängig sein.

Daneben gibt es auch noch ausreichend Effizienzpotenziale: bei den Pensionen, im Gesundheitssystem oder in den föderalen Strukturen. Für die Regierung gibt es noch einige Leuchttürme aufzuspüren. (Andreas Schnauder, 9.1.2019)