Schneemassen in Sankt Anton am Arlberg. Die geplanten Skiweltcup-Bewerbe der Damen am Wochenende mussten abgesagt werden.

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Salzburg/Bregenz/Hallstatt – Obwohl Lawinenwarnstufe 4 herrschte, sind am Mittwoch auf der Schmittenhöhe in Zell am See neun Wintersportler ins Gelände abseits der gesicherten Pisten eingefahren und schließlich in einem Graben steckengeblieben. Zwölf Bergretter eilten den unverletzten Variantenfahrern aus Polen, Ungarn, Russland und der Ukraine zu Hilfe. Es gelang ihnen, trotz der akuten Lawinengefahr die Gruppe zu erreichen und sie ins Tal zu begleiten.

Die Skiläufer hatten sich laut Alpinpolizei am Nachmittag zum Teil unabhängig voneinander in das tiefverschneite Gebiet gewagt. "Die Alpinpolizei und Bergrettung raten dringend davon ab, derzeit den gesicherten Skiraum zu verlassen", erklärte die Landespolizeidirektion Salzburg am Donnerstag.

Teilweise höchste Lawinenwarnstufe 5

Fast im ganzen Bundesland Salzburg bestand auch am Donnerstag große bis sehr große Lawinengefahr. Die höchste Warnstufe 5 gab es erneut für einen schmalen Streifen im Bereich der Nordalpen vom nördlichen Pinzgau über das Hagen- und Tennengebirge bis zum Gosaukamm. Hier sind zahlreiche spontane Lawinenabgänge zu erwarten.

Gerade in den Bereichen mit Stufe 5 können diese Abgänge auch extrem groß ausfallen. "Durch den kalten Schnee sind größere Reichweiten möglich. Exponierte Verkehrswege und Objekte können betroffen sein", hieß es im Lawinenwarnbericht des Landes. Unterhalb von 1.400 Metern Seehöhe bilde auch der Gleitschnee ein Problem. In den neuschneereichen Gebieten seien "imposante Anrisse" möglich. Auch hier könnten vereinzelt exponierte Wege und Objekte betroffen sein.

185 Zentimeter Schnee im Vorarlberger Ort Schröcken

Die Lawinenexperten rieten von Aktivitäten abseits gesicherter Pisten ab. Der Schnee sei sehr anfällig, und es gebe sehr viele Gefahrenstellen im Gelände. In den kommenden Tagen nimmt die Lawinengefahr langsam ab, die Lage bleibt aber angespannt. Die Gefahr spontaner Abgänge und auch die Störanfälligkeit gehen allmählich zurück.

Der Wetterdienst Ubimet erwartet allerdings zu Beginn der kommenden Woche neuerlich große Neuschneemengen in den Nordalpen. In höheren Tälern seien Neuschneemengen von einem Meter möglich. Am Donnerstag um 9 Uhr lagen im Vorarlberger Ort Schröcken im Bregenzerwald 185 Zentimeter Schnee. Eine Änderung der Großwetterlage ist erst ab Mittwoch in Sicht.

Arlberg-Dörfer teilweise von Außenwelt abgeschnitten

Nach wie vor herrschte in den Bergen Vorarlbergs Lawinengefahr der Stufe 4. Während Schröcken seit 8 Uhr vorübergehend wieder erreichbar war, waren der Nachbarort Warth, die Arlberg-Dörfer Lech, Zürs und Stuben sowie Gargellen im Montafon weiter von der Außenwelt abgeschnitten.

Die Lawinenkommissionen tagen laut Auskunft der Landeswarnzentrale in regelmäßigen Abständen und entscheiden dann über die Fortdauer oder Aufhebung der Straßensperren. Die Lawinensituation wurde weiterhin als angespannt beurteilt, vor allem Neuschnee und Wind verschärften die Lage. Wintersportlern wurde von Aktivitäten abseits der gesicherten Pisten abgeraten. In der Nacht schneite es in Vorarlberg teils ergiebig, bis Donnerstagabend sollten bis zu 40 Zentimeter Neuschnee hinzukommen.

Donnerstagfrüh wegen Lawinengefahr gesperrt waren etwa die Gargellener Straße zwischen Galgenul und Gargellen (L192), die Faschinastraße (L193) zwischen Fontanella und Faschina, die Arlbergstraße (L197) zwischen Langen und St. Christoph sowie die Lechtalstraße (L198) zwischen der Alpe Rauz und Lech sowie zwischen Steeg und Warth. Der Ortsteil Baad der Kleinwalsertaler Gemeinde Mittelberg war nicht erreichbar, weitere Sperren betrafen die Ebniterstraße in Dornbirn, die Balderschwanger Straße (L5) zwischen Hittisau und Balderschwang und die Raggaler Straße (L88) zwischen Sonntag und Marul. Klösterle war nur über die Arlberg-Schnellstraße (S16) erreichbar.

Die anhaltenden Schneefälle sorgten am Donnerstag auch im Frühverkehr für Behinderungen, etwa auf der Rheintalautobahn (A14) bei Dornbirn Nord und bei Bregenz-Weidach. Hängengebliebene Fahrzeuge sorgten dort für Staus. Laut ÖAMTC sind die Autofahrer derzeit aber auf der Schneefahrbahn mit großer Vorsicht unterwegs. "Unsere Pannenfahrer haben gut zu tun, aber es herrscht kein Chaos – und der Schneekettenverkauf läuft sehr gut", sagte ÖAMTC-Sprecher Jürgen Wagner.

Mindestens 17 Schulen in Oberösterreich gesperrt

Auch in Oberösterreich blieb die Lawinensituation am Donnerstag angespannt. Im alpinen Bereich im Süden herrschte weiterhin Warnstufe fünf, in den Voralpen Stufe vier. Vor allem im Inneren Salzkammergut schneite es ununterbrochen. Zudem wehte starker Wind.

Mindestens 17 Schulen blieben geschlossen. Nachdem für Freitag vorübergehend eine Wetterberuhigung in Sicht war, rechnet die Bildungsdirektion in Linz, dass dann nur mehr an elf Schulen kein Unterricht stattfinden wird. Betroffen waren Volks- und Neue Mittelschulen in den Bezirken Kirchdorf (sieben geschlossene Schulen), Perg und Urfahr-Umgebung (je fünf). Der Schulweg war dort zu unsicher. Am Freitag gilt das voraussichtlich nicht mehr für Urfahr-Umgebung. Dann soll es dort nirgends mehr "schneefrei" geben.

Auch in Salzburg blieben laut Bildungsdirektion 17 Schulen geschlossen. Am Freitag soll es dann wegen der Schneefälle aus aktueller Sicht in 24 Schulen keinen Unterricht geben. Zwei weitere Schulen liefen am Donnerstag zudem auf "Notbetrieb". Die meisten derzeit von einer Sperre betroffenen Schulen befinden sich im Tennengau, vor allem im Lammertal. Am Freitag bleiben zusätzlich einige Schulen im Flachgau geschlossen. Eine aktuelle Liste kann hier abgerufen werden.

Gosau weiter zu

Seit Donnerstagvormittag waren die abgeschnittenen Orte Hallstatt und Obertraun mit dem Zug erreichbar, nach Gosau kam man noch nicht. Das Rote Kreuz hat in den drei Orten vorsorglich Mitarbeiter stationiert und Material gebunkert, um die Versorgung bei medizinischen Notfällen sicherzustellen, sagte Pressesprecher Christian Hartl. Am Mittwoch war eine schwangere Frau knapp vor der Sperre der Straßen rund um Gosau noch aus dem ebenfalls abgeschnittenen Salzburger Rußbach nach Bad Ischl ins Spital transportiert worden.

Schneebedingte Notfälle – etwa dass Rettungsautos nicht durchkamen – habe es in Oberösterreich bisher noch nicht gegeben, betonte Hartl. Zudem sei man auf nichtmedizinische Einsätze vorbereitet – etwa um in Stau geratene Verkehrsteilnehmer mit Tee und Decken zu versorgen oder bei Evakuierungen zu helfen und Ersatzquartiere für Betroffene zu schaffen.

Vermisstensuche im Innviertel abgebrochen

Weil drei Ortsbewohner unabhängig voneinander Hilferufe gehört hatten, ist Mittwochabend in Rainbach im Innkreis (Bezirk Schärding) eine große Suchaktion angelaufen. Fünf Stunden lang durchkämmten rund 160 Einsatzkräfte bei starkem Schneefall die Umgebung – allerdings ohne Erfolg. Die Suche wurde vorerst abgebrochen, da auch keine Vermisstenmeldung vorlag, berichtete das Bezirksfeuerwehrkommando.

Neben Feuerwehrleuten, Polizisten, Mitgliedern des Roten Kreuzes und der Rettungshundebrigade beteiligten sich auch Jäger aus der Umgebung und Privatpersonen an der Suchaktion. Sie gingen das Gebiet zu Fuß ab und setzten Wärmebildkameras ein. Zudem wurden alle Haushalte in dem betroffenen Bereich kontaktiert, aber nirgends wurde jemand vermisst.

Schneefälle bremsen Güterverkehr

Naturgemäß ist der Gütertransport vom schneereichen Winter betroffen. Auf Straße und Schiene dauern Lieferungen derzeit länger, sagte der Obmann der Wirtschaftskammer-Sparte Transport und Verkehr, Alexander Klacska, der APA. Bei Schnee, Matsch und Eis verlängere sich die Lieferzeit durchschnittlich um 30 Prozent. Zudem müssen Lkw-Fahrer Ketten anlegen, was ebenfalls Zeit koste.

"Auf die Versorgung hat der Schnee natürlich Auswirkungen, aber nicht so, dass es massive Probleme gäbe", erklärte Klacska. Auch Güterzüge sind – unter erheblichen Mehraufwand – weiterhin unterwegs. Auf der Schiene hat der Güterverkehr allerdings gegenüber dem Personenverkehr Nachrang. Die Auswirkungen auf die Lieferketten in der Industrie sind laut Klacska auch deshalb gering, weil die Produktion um die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel ohnehin niedriger sei als unter dem Jahr. (red, APA, 10.1.2019)