Im Rechtsstreit mit dem Springer-Verlag erfolgreich: Wettermoderator Jörg Kachelmann.

Foto: APA/Sebastian Willnow

Straßburg – Im Rechtsstreit um die Veröffentlichung eines Fotos des Wettermoderators Jörg Kachelmann nach dessen Festnahme wegen Vergewaltigungsverdachts ist der Springer Verlag vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gescheitert. Die Straßburger Richter erklärten die Beschwerden der Axel Springer AG und der Bild GmbH und Co.KG am Donnerstag für nicht zulässig. Die Entscheidung ist rechtsgültig.

Das strittige Foto zeigt den Meteorologen, der nach Vergewaltigungsvorwürfen seiner Ex-Freundin am 20. März 2010 festgenommen worden war, mit nacktem Oberkörper gemeinsam mit anderen Häftlingen in einem Gefängnishof. Es wurde am Tag nach der Festnahme in der "Bild"-Zeitung und in der Onlineausgabe der Boulevardzeitung veröffentlicht. Nach einer Beschwerde Kachelmanns untersagte das Landgericht Köln den Verlagen, das Foto abermals zu veröffentlichen oder über das Internet zu verbreiten. Außerdem mussten sie dem Moderator einen Teil der Anwaltskosten erstatten.

Schutz des Privatlebens

Der Gerichtshof für Menschenrechte billigte diese Entscheidungen. Die deutsche Justiz habe angemessen zwischen dem Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit sowie dem Recht Kachelmanns auf Schutz seines Privatlebens abgewogen.

Das umstrittene Foto sei zwar für das Image des 60-Jährigen nicht entwürdigend oder verleumderisch gewesen, stellten die Straßburger Richter fest. Es habe ihn aber in einer Situation – in einem Gefängnishof – gezeigt, wo er nicht damit gerechnet habe, fotografiert zu werden. Im übrigen hätte eine neue Veröffentlichung des Fotos keine zusätzlichen Informationen gebracht, da die Festnahme Kachelmanns der Öffentlichkeit hinreichend bekannt gewesen sei.

Die Axel Springer AG und die Bild GmbH und Co.KG hatten in Deutschland im März 2012 Verfassungsbeschwerden gegen das Veröffentlichungsverbot eingereicht, die nicht angenommen wurden. Vor dem Gerichtshof für Menschenrechte warfen sie Deutschland einen Verstoß gegen das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit vor.

2011 freigesprochen

Der Schweizer Meteorologe war am 29. Juli 2010 aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Ende Mai 2011 wurde er in Mannheim nach einem von der Öffentlichkeit intensiv verfolgten Verfahren schließlich vom Vorwurf der Vergewaltigung und Körperverletzung freigesprochen.

Im Juli 2016 wurden das Verlagshaus Axel Springer und die "Bild"-Zeitung dazu verurteilt, dem Moderator wegen ihrer Berichterstattung über die Vergewaltigungsvorwürfe 395.000 Euro Entschädigung zu zahlen – davon 30.000 Euro für das Foto, das ihn als Untersuchungshäftling mit nacktem Oberkörper im Gefängnishof zeigte. (APA, 10.1.2019)