Die Oppositionspolitiker Jan Krainer (SPÖ), Stephanie Krisper (Neos) und Peter Pilz (Jetzt) dachten, Werner Biller, der Zeuge von Mittwoch, werde langweilig – doch dann wurde die Befragung vor allem für die ÖVP und deren Fraktionsführer Werner Amon (rechts) durchaus aufregend.

Foto: Matthias Cremer

Irgendetwas ist am Mittwoch im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur BVT-Affäre explodiert. Aber ob es eine inhaltliche Nebelgranate, ein Warnschuss oder eine Bombe war, darüber sind sich Journalisten wie Abgeordnete auch am Tag danach noch nicht sicher.

Fakt ist, dass der ehemalige Spionage-Referatsleiter im BVT mit Datensätzen hantierte, die von der ÖVP stammen. Das entlockte der Abgeordnete Peter Pilz (Jetzt) dem Chefermittler Werner Biller. Bei dem Datensatz soll es sich um Informationen aus der Wählerevidenz handeln, also dem Verzeichnis der Wähler. Diese waren legal in einer Datenbank der ÖVP gespeichert, wurden aber offenbar widerrechtlich an P. weitergegeben. Der ehemalige BVT-Mitarbeiter soll damit ein Word-Dokument in einem Ordner namens "Weihnachten 2015" angelegt haben, in dem er die Daten "anreicherte", also erweiterte.

Private Datenbank

Momentan gebe es laut Biller aber keine Hinweise darauf, dass P. Informationen aus geheimen BVT-Akten hinzugefügt hätte. Dem STANDARD liegt ein Aktenvermerk der Ermittler vor, der besagt, dass auf einer externen Festplatte Daten über verschiedene Personen gefunden wurden, etwa Adressen und Geburtsdaten.

Zu finden sind darin beispielsweise Daten ehemaliger Minister der ÖVP und Kabinettschefs. Die Ermittler notierten, dass auch Daten von am Verfahren gegen Anwalt Gabriel Lansky beteiligten Personen, etwa Richtern und Staatsanwälten, gefunden wurden.

"Ich halte die Aufregung für übertrieben", sagt Werner Amon im Gespräch mit dem STANDARD. Das ist keine Überraschung, ist Amon doch Fraktionsführer der ÖVP und mit P. befreundet. Um welche Daten handelt es sich also? "In diese Datenbank der ÖVP wird etwa eingetragen, wenn ein Bürgermeister stirbt oder wenn ein Schriftführer in einem lokalen Bund gewechselt wird", erklärt Amon.

Klar ist für den ÖVP-Politiker, dass die Daten nicht an P. hätten gehen dürfen. Woher dieser die Daten bekommen hat, ist noch Gegenstand von Ermittlungen. Amon schließt jedoch aus, dass Daten von P. an die ÖVP zurückgeflossen sind. Auch ihm selbst habe P., mit dem er laut Akt hunderte SMS geschrieben habe, nie Geheimnisse verraten, sagt Amon.

"Bislang wichtigster Zeuge"

Für den Koalitionspartner FPÖ sind die Vorgänge jedenfalls "erstaunlich, auch wenn man noch nicht viel sagen kann". Hans-Jörg Jenewein, Fraktionsführer im BVT-U-Ausschuss, hat gestern "den bislang wichtigsten Zeugen" gesehen. "Wir sind jetzt tief im Fleisch der Ermittlungen", sagt Jenewein. Die Vorwürfe in Richtung ÖVP müssten "jedenfalls aufgeklärt werden".

Das Agieren von Amon ist der FPÖ schon länger ein Dorn im Auge. Dieser hatte etwa den Generalsekretär im Innenministerium Peter Goldgruber hart befragt. Im Gegenzug hatte die FPÖ Amon wegen seiner Freundschaft zu P. für "befangen" erklärt.

Für brisant hält Jenewein vor allem einen zweiten Ermittlungsstrang, den Biller skizzierte. Dabei geht es um den deutschen "Privat-Geheimagenten" Werner Mauss, der nicht rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden ist. Mauss wurde vom damaligen Kabinettschef Michael Kloibmüller eine Bestätigung ausgestellt, dass er Geld von österreichischen Behörden erhalten habe.

Allerdings sollen Ermittler bisher keine offiziellen Zahlungsflüsse an Mauss gefunden haben. Daher stellt sich die Frage, was Kloibmüller dann bestätigte – es gilt die Unschuldsvermutung. Besonders heikel ist, dass Akten darüber laut dem Ermittler Biller so manipuliert wurden, dass sie nicht im Suchprogramm des BVT auftauchten, indem Namen nicht verlinkt wurden.

Für Jenewein zeigt das, dass "man etwas verschleiern wollte". Auch hier kommt P. als zuständiger Referatsleiter ins Spiel. Der bestreitet, etwas manipuliert zu haben. Für die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper zeigen "genau solche Verdachtslagen von politischem Missbrauch", dass es eine Untersuchung des ÖVP-Netzwerks rund um das BVT brauche. Die SPÖ kündigte an, den ÖVP-Daten mit Anfragen nach dem Datenschutzgesetz auf den Grund gehen zu wollen. (fsc, 10.1.2019)

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