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Für EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ist Austritt der Briten eine "Tragik ohne Notwendigkeit" Die Ablehnung des ausverhandelten Brexit-Vertrags wäre ein "Desaster".

Foto: Inquam Photos/George Calin via REUTERS

London – EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hält eine Ablehnung des mit der britischen Premierministerin Theresa May ausverhandelten Brexit-Austrittsvertrags am Dienstag durch das Unterhaus in London für ein "Desaster". Beim Besuch der rumänischen Ratspräsidentschaft Freitag in Bukarest bestätigte Juncker, dass es noch Gespräche mit May gebe.

Doch "es gibt keine Neuverhandlungen" des Austrittsvertrags. "Es kann Klärungen geben. Wir diskutieren, was das sein kann. Aber das darf nicht mit Nachverhandlungen zum Backstop (der Auffanglösung für die Irland-Grenzregelung, Anm.) verwechselt werden", betonte Juncker. Angesprochen darauf, worum es konkret bei den Gesprächen gehe, winkte der Kommissionspräsident ab. "Es wäre nicht klug, in laufende Gespräche einzusteigen". Er könnte zwar etwas dazu sagen, "aber ich widerstehe dieser Versuchung".

Den Brexit bezeichnete er als "tragisches Ereignis", das nicht notwendig sei. Allerdings könne man die Briten nicht daran hindern, "wenn sie uns verlassen wollen", so Juncker.

Ablehnung könnte Ausstieg stoppen

Großbritanniens Außenminister Jeremy Hunt sieht in einer Ablehnung des Vertrags durch das britische Parlament eine Möglichkeit, dass der Brexit doch noch ganz abgesagt wird. Ein "Nein" der Abgeordneten könnte eine "Brexit-Lähmung" auslösen, die den geplanten Abschied aus der EU stoppen könnte, sagte Hunt am Freitag.

Das Parlament müsse aber vielmehr verhindern, dass es zu einem ungeregelten Brexit komme. Mays Brexit-Deal in Verbindung mit EU-Zusagen in der strittigen Nordirland-Frage biete die besten Chancen, das Land zu einen.

Verschiebung wahrscheinlich

Ein weiterer hochrangiger britischer Minister hält zumindest eine Verschiebung des Austritts für wahrscheinlich: Der Zeitplan für die Gesetzgebung sei mittlerweile sehr eng, zitierte der "Evening Standard" am Freitag einen namentlich nicht genannten Minister. Sollten die Abgeordneten gegen den Brexit-Vertrag stimmen und dies zu einer weiteren Verzögerung führen, dann sei schwer zu erkennen, "wie wir die gesamte Gesetzgebung bis zum 29. März durchsetzen können".

Das Unterhaus soll am Dienstag über den EU-Austiegsvertrag abstimmen. Der Ausgang ist völlig offen. Eine Abstimmung im Dezember hatte May wegen einer drohenden Niederlage verschoben. Gegner des Abkommens kritisieren eine zu enge Bindung an die EU. Sollte Mays Plan durchfallen droht ein Brexit ohne Anschlussvereinbarung mit schweren Folgen für die Wirtschaft.

Industrieverband warnt

Der größte britische Industrieverband CBI hat am Freitag eindringlich vor den wirtschaftlichen Folgen eines ungeregelten Brexits gewarnt. Tausende Jobs seien in Gefahr, und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) könnte um bis zu 8 Prozent sinken, warnte CBI-Generaldirektorin Carolyn Fairbairn im englischen Bristol. Sie rief die Abgeordneten des Unterhauses in London dazu auf, für das von May mit Brüssel ausgehandelte Abkommen zu stimmen.

"Die Sicherheit und der Wohlstand" Großbritanniens müssten bewahrt werden, sagte Fairbairn. Auf viele Unternehmen kämen im Falle eines "No Deal" deutliche zusätzliche Kosten zu, notwendige Zollkontrollen in den Häfen könnten zu erheblichen Störungen führen. (red, APA, 11.1.2019)