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Foto: ap / Evan Vucci

In Washington legt Karottenhäuptling Donald wegen seiner hirnstichigen Mauer die gesamte amerikanische Bundesverwaltung lahm, in Italien dreht Salvini durch, bei uns lassen blaue Rotzbuben die Sau raus usw. usf.

Und von der öden Ausdünnung und Schablonisierung der politischen Sprache haben wir noch gar nicht geredet ("Anpatzen"! Wenn ich das Wort "anpatzen" nur höre, triggert das umgehend den Impuls, mich nicht anzupatzen, sondern anzuspeien). Gut, Politiker sind keine Literaten. Aber grausig ist es doch, wenn nur mehr in politisch erprobten Reiz-Reaktions-Schemata "kommuniziert" wird. Ein mäßig kluger Dackel würde seine Intelligenz beleidigt fühlen, wollte man versuchen, ihn mit diesem Vokabular zu dressieren.

Vielleicht sollten wir 2019 aber einfach positiv denken. Für Satiriker sind dies gute Zeiten, und wenn es doch zu viel wird, kann man sich ja immer noch in die Freuden des Privatlebens stürzen. Üblicherweise hält sich der Krisenkolumnist mit Nachrichten aus dem Familienkreis bedeckt, aber meinen opaesken (oder opioiden?) Stolz über die Ankunft meiner zweiten Enkelin muss ich heute doch affichieren.

Den Accent aigu in ihrem Vornamen trägt die gloriose Léa deshalb, weil sie väterlicherseits von französischem Geblüt ist und ein Name gefunden werden musste, der auf Deutsch und auf Französisch funktioniert. Bienvenue, ma chère! Léa wird zweisprachig sozialisiert, was mich mehrfach freut. Erstens sind wir ohnehin alle multilingual (ich: fließend Vorarlbergerisch und Deutsch). Zweitens ist die Kombi Deutsch-Französisch charmant und in weiteren Teilen der Welt verkehrsfähig als, sagen wir, Südjütisch/Zimbrisch.

Drittens haben wir es generell mit einer Win-win-Situation zu tun. Die Franzosen dürfen sich über einen Neuzugang zur Frankophonie freuen, die ihnen immer noch sehr am Herzen liegt, während umgekehrt Léa in zwanzig Jahren den neuesten Houellebecq im Original lesen kann (sofern Houellebecq dann noch schreiben kann). Und Balzac, Baudelaire, Victor Hugo und Proust! Ist doch hervorragend, n'est-ce pas? (Christoph Winder, 12.1.2019)