An Bar Refaeli kommt man in Israel kaum vorbei. Sie ist auf Plakaten zu sehen, in Broschüren, im TV – und vielleicht auch bald vor Gericht.

Foto: AFP/ALBERTO PIZZOLI

Die Skandale der vergangenen Jahre hatte man der blonden Schönheit mit den graublauen Augen in der Heimat beinahe wieder verziehen. Längst zog das Supermodel Bar Refaeli – einst vom amerikanischen Männermagazin Maxim zur schönsten Frau der Welt gewählt – wieder mit ihrem Aussehen die Blicke des Landes auf sich. Auf Plakaten am Straßenrand und in Einkaufszentren, in Prospekten und Werbespots präsentiert sie regelmäßig die neusten Kollektionen israelischer Brillen- und Kleidungshersteller, posiert mal mit extravaganten Brillen, mal in gemütlichen Sweatshirts.

Jetzt aber ist sich die 33-Jährige aus weniger schönen Gründen der Aufmerksamkeit der Nation gewiss – diesmal geht es ums Geld. Refaeli soll Einkünfte in Millionenhöhe nicht versteuert haben. Die Staatsanwaltschaft informierte sie vor einigen Tagen darüber, dass man plane, Strafanzeige wegen Steuerhinterziehung zu stellen. Berichten zufolge geht es um umgerechnet 5,4 Millionen Euro.

Auch Eltern im Verdacht

Refaeli behauptet, in jener Zeit nicht in Israel gelebt zu haben, sondern in den USA – mit ihrem damaligen Partner Leonardo DiCaprio, mit dem sie von 2005 bis 2011 verbandelt war. Beweismaterialien in Form von Paparazzi-Fotos und Geschichten in Tratschblättern gibt es zahlreiche. Die amerikanische Steuerbehörde soll sie allerdings als "non-resident" geführt haben. Auch sollen ihre Eltern dabei geholfen haben, den Namen der Tochter aus Mietverträgen für Wohnungen in Israel und von Konten fernzuhalten. Beide werden nun der Geldwäsche verdächtigt. Außerdem soll Bar Refaeli Firmen im Ausland gegründet haben, um das Geld vor der israelischen Steuerbehörde zu schützen. Auch Promirabatte und teure Geschenke soll sie dem Fiskus nicht gemeldet haben.

Song-Contest-Job wackelt

Der Fall könnte sie nun sogar ihren Job als Moderatorin des Eurovision Song Contest kosten, der im Mai in Tel Aviv ausgetragen wird. Berichten zufolge ist der Organisator, die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt KAN, besorgt, Refaeli könnte wegen der drohenden Anklage keine Zeit für die Vorbereitungen haben – und obendrein aus moralischen Gründen der Veranstaltung schaden.

Es ist nicht das erste Mal, dass Refaeli in Israel Negativschlagzeilen macht. Mit 18 Jahren entging sie dem Armeedienst, indem sie einen deutlich älteren Freund der Familie heiratete. Der Dienst ist in Israel für beide Geschlechter Pflicht – verheiratete Frauen sind davon allerdings ausgenommen. Besonders brisant war der Fall auch deshalb, weil sich Refaeli kurz darauf wieder scheiden ließ. Ihre Landsleute warfen ihr mangelnden Patriotismus vor – schließlich spielt die Armee in einem Land, das von zahlreichen feindlich gesinnten Ländern umzingelt ist, eine zentrale Rolle.

Aufruf zum Boykott

Der frühere Personalchef der Streitkräfte, Avi Zamir, rief im Jahr 2010 sogar dazu auf, die von Refaeli beworbenen Produkte nicht zu kaufen. Drei Jahre später beschwerte sich der Sprecher der Armee, Yoav Mordechai, beim israelischen Außenministerium, dass das Model in einem PR-Video auftauchte. Mit einer Kampagne sollte das schlechte Image Israels im Ausland aufpoliert werden – und Refaeli sollte dabei helfen. Die Armee sah das anders.

Auch bei den Strengreligiösen machte sie sich unbeliebt, als sie sich für ein Werbeplakat leicht bekleidet und mit einem fremden Mann im Bett ablichten ließ. Für die Ultraorthodoxen gehört Züchtigkeit schließlich zu den Grundwerten. Die Plakate wurden ausgetauscht – Refaeli präsentierte daraufhin die Kleidung der Winterkollektion.

Zu viel Haut fürs Fernsehen

Vor mehr als zwei Jahren dann musste ein Werbespot für Bademode entschärft werden, weil das Model fürs Fernsehen zu viel nackte Haut zeigte. Und dass sie zuvor eben mehrere Jahre mit Leonardo DiCaprio zusammen war, sorgte ebenfalls für Unmut: Damals riet der radikale, nationalreligiöse Aktivist Baruch Marzel dem Model, sich doch lieber einen jüdischen Mann zu suchen.

Nun geht es also wieder um die Zeit von damals. Bislang streitet Bar Refaeli alles ab. Einer ihrer Anwälte erklärte, der Fall würde aufgebauscht, Refaeli habe nichts zu verheimlichen versucht. Bis zur Urteilsverkündigung werden die Israelis aber nicht warten: Sie haben schon jetzt endlich wieder einen Grund, sich über ihre schönste Skandalnudel zu ärgern. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 12.1.2019)