Wien – Auch abseits des zwischen der Regierung und dem Land Wien ausgebrochenen Streits um die Mindestsicherungsreform ist die Kritik an den geplanten Neuerungen harsch. Unter den 138 Stellungnahmen, die in dem am Donnerstag zu Ende gegangenen Begutachtungsverfahren im Parlament eingegangen sind, ist der weit überwiegende Teil ablehnend.
Dabei kommen von gesellschaftspolitisch sonst eher unterschiedlich positionierten Stellen ähnliche Einwände. Etwa von der Bischofskonferenz sowie dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, die allesamt die vorgesehenen Kürzungen des Mindestsicherungsbezugs für Kinder infrage stellen.
Furcht vor Kinderarmut
"Kinder dürfen nicht von vorn herein ihrer Zukunftsperspektive beraubt werden. Ebenso wenig darf Kinderreichtum bestraft werden", heißt es etwa in der Stellungnahme der Bischofskonferenz. Auch der Gewerkschaftsbund geht von einem Anstieg der Kinderarmut nach Inkrafttreten der neuen Regelungen aus. Diese würden ebenso für viele andere Betroffene zu einer Verschlechterung der Situation führen".
Angesichts der geplanten stark verringerten Bezüge für das dritte und jedes weitere Kind meldet der Gewerkschaftsbund auch rechtliche Bedenken an: "Es ist stark zu bezweifeln, dass fünf Prozent des Basissatzes bzw. 44,27 Euro pro Monat noch ausreichend sind, um verfassungskonform zu sein", heißt es in der Stellungnahme.
Sorge um subsidiär Schutzberechtigte
Recht unterschiedlich sind die Einwände gegen den geplanten Ausschluss subsidiär Schutzberechtigter aus der Mindestsicherung. Diese nicht asylberechtigten, aber auch nicht abschiebbaren Flüchtlinge, die vollen Arbeitsmarktzugang haben, sollen in der Sozialhilfe künftig wie Asylwerber behandelt werden und nur noch Grundversorgung erhalten. Das läuft je nach Bundesland auf einen monatlichen Geldbezug zwischen 290 und 365 Euro hinaus.
Bisher erhielten subsidiär Schutzberechtigte in Wien, Oberösterreich, Kärnten, Tirol und Vorarlberg eine der Mindestsicherung entsprechende Summe, in den anderen Bundesländern nur Grundversorgung. Die bundesweite Ausweitung dieser Praxis werde vor allem Arbeitsunfähige, etwa Pensionisten, sowie Working Poor aus der Gruppe in Armut stürzen, heißt es in der Stellungnahme der Agenda Asyl, eines Zusammenschlusses von Flüchtlingshilfs-NGOs: "Es wird zu Delogierungen und Einstellungen der Energiezufuhr kommen".
Innenministerium gegen Mehrkosten
Keine Freude mit dem Mindestsicherungs-Aus für subsidiär Schutzberechtigte hat aber auch das Innenministerium. Die Maßnahme werde zu höheren Grundversorgungskosten und damit zu einer finanziellen Mehrbelastung des Ministeriums führen. Daher sehe man die geplante Regelung "kritisch". (bri, 12.1.2019)