Vier Skifahrer aus Deutschland waren nach Angaben von Behörden am Samstag im Bereich der gesperrten Skiroute "Langer Zug" in Lech in Vorarlberg unterwegs, als sie von einer Lawine erfasst und verschüttet wurden. Drei der Wintersportler konnten von Rettungskräften lokalisiert und gegen 23 Uhr geborgen werden, für sie kam aber jede Hilfe zu spät.

Einsatzkräfte suchten bis in die Nacht nach dem vierten Sportler, der noch vermisst wird. Die Suche musste aber wegen der starken Schneefälle und der Lawinengefahr abgebrochen werden.

Bei den Opfern handelt es sich laut Polizei um drei Variantenfahrer (zuvor hieß es, es habe sich um Tourengeher gehandelt) aus Oberschwaben im Alter von 32, 36 und 57 Jahren. Der vierte, noch vermisste Wintersportler ist 28 Jahre alt und stammt ebenfalls aus Süddeutschland.

Lawinenwarnstufe drei

Die Sportler hatten laut Polizei die gesamte Notfallausrüstung dabei, sie wurden aber trotz ausgelösten Airbags verschüttet. Alle drei erlitten Mehrfachverletzungen und wiesen Erstickungsmerkmale auf.

Die vier Tagesgäste hatten einen gemeinsamen Skitag in Lech unternommen. Weil sie am Abend noch nicht heimgekehrt waren, erstattete die Ehefrau eines der Männer kurz vor 20 Uhr Anzeige bei der Polizei. Mittels Handyortung wurde die Gruppe, daraufhin stieg die Rettungsmannschaft in Richtung Tälialpe auf.

Im Einsatz standen die Bergrettung Lech, die Feuerwehr Lech, Mitarbeiter der Skilifte und Alpinpolizisten. Oberhalb von 2.000 Metern Seehöhe herrschte am Samstag in Lech "Lawinenwarnstufe drei" – mit steigender Tendenz.

Betroffenheit im Ort

Der Rettungseinsatz soll, sobald es die Lawinensituation zulässt, fortgesetzt werden. Derzeit sei es für die Einsatzkräfte aber "viel zu gefährlich", sagte Bürgermeister Ludwig Muxel. Vorerst dauern die starken Schneefälle unvermindert an, auch für die kommenden Stunden sei nicht mit einer Wetterbesserung zu rechnen.

Im Ort sei der Schock nach der Tragödie groß, sagte Ortschef Muxel. Er richtete einen Appell an alle Wintersportler, auf den gesicherten Pisten zu bleiben: "Derzeit ist die Lawinengefahr abseits einfach zu groß."

Prognosen: Mehr Schnee

Der Neuschnee dürfte nach derzeitigen Prognosen die Lage in den kommenden Tagen in vielen Gebieten Österreichs noch einmal verschärfen. Auch die Lawinengefahr wird dadurch vielerorts wieder steigen.

Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) hat für Teile der Nordseite der Alpen von Vorarlberg bis nach Niederösterreich die höchste Schneewarnstufe (rot) ausgegeben, die aus heutiger Sicht bis Dienstag aufrecht bleiben wird.

Laut Prognosen könnten laut Manfred Bauer von der ZAMG im Bereich von den westlichen Lechtaler Alpen über den Arlberg bis hin zum Paznaun auf den Bergen bis zu eineinhalb Meter Neuschnee dazukommen. Beruhigung werde sich erst im Laufe des Dienstags einstellen. Da auch unterhalb der Schutzverbauungen viel Neuschnee dazugekommen ist, könnten sich Lawinen bilden, die teilweise den Talboden erreichen.

Bundesheer im Einsatz

Die enormen Schneemengen haben auch für einen Großeinsatz des Bundesheeres gesorgt, in sechs Bundesländern sind knapp 1.000 Soldaten im Einsatz. Schwerpunkt ist weiterhin das Bundesland Salzburg, am meisten Soldaten arbeiten in Oberösterreich. Insgesamt arbeitet das Bundesheer in 16 Gemeinden,

Neue Einsatzorte sind seit Samstag auch Gosau, St. Ulrich am Pillersee und Tschagguns in Vorarlberg. Die Soldaten waren vor allem mit dem Abschaufeln von Dächern beschäftigt. Zum ersten Mal seit 1955 wurden in sechs Bundesländern gleichzeitig Einsätze geflogen, was laut Heer "schon eine zusätzliche Herausforderung sei."

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Bundesheer-Soldaten beim Abräumen eines Daches.
Foto: AP/Kerstin Joensson

Ein kurzer Überblick über die Entwicklungen in den Bundesländern:

  • Tirol

Nach einer neuen Beurteilung der Sicherheitslage durch die Lawinenkommission ist Sonntagabend der Fernpass gesperrt worden. Somit war vorerst nur mehr eine großräumige Umfahrung über die Inntalautobahn (A12) möglich, teilte das Land in einer Aussendung mit. Gebietsweise wurde in Tirol die höchste Lawinenwarnstufe verhängt. Betroffen war der Westen des Landes. Dort können durch den Neuschneezuwachs sehr große und vereinzelt extrem große Lawinen abgehen, teilten die Experten am Sonntagabend in einer Aussendung mit. Die Spitze der Lawinenaktivität soll voraussichtlich in der zweiten Hälfte der Nacht auf Montag erreicht werden.

Lawinen können bis in Tallagen vorstoßen und exponierte Verkehrswege gefährden, warnten die Experten. Mit der Erwärmung steige die Auslösebereitschaft von spontanen trockenen Lawinen vor allem in mittleren und hohen Lagen deutlich an. Zudem seien an steilen Grashängen unterhalb von rund 2.400 Metern vermehrt mittlere bis große Gleitschneelawinen zu erwarten

Damit war die wichtige Transitroute nach Deutschland nicht befahrbar. Zuvor hatte das Land mitgeteilt, dass die Sperre der Fernpassstraße (B179) zwischen Bichlbach und Lermoos möglicherweise über Dienstagabend hinaus dauern könnte. Die Bezirkshauptmannschaft Reutte richtete ein Info-Hotline unter der Rufnummer 0800/800507 ein, die rund um die Uhr zur Verfügung stehe.

Im Außerfern waren die Gemeinde Pfafflar sowie einige Weiler der Gemeinden Berwang, Bichlbach, Breitenwang und Steeg vorübergehend nicht erreichbar. Mit weiteren Sperren sei im Hinblick auf die aktuellen Wetterprognosen zu rechnen, hieß es.

  • Steiermark

In der Steiermark dürfte die Lawinengefahr am Montag wieder ansteigen. In den Nordalpen und den Niederen Tauern ist die Lawinengefahr auch am Sonntag erneut sehr groß. Derzeit herrscht dort Stufe vier. Bis zu 30 Zentimeter Neuschnee und starker Wind führten zu instabilen Triebschneeansammlungen, die als Auslöser für Schneebretter oder Lockerschneelawinen gelten. Durch elf Sprengungen von Hubschraubern aus gelang es dem Bundesheer, eine Lawine im Raum Wildalpen zu beseitigen.

Die Feuerwehren sind in der Obersteiermark seit 5. Jänner im Dauereinsatz. Wie es in einer Aussendung am Sonntag hieß, wurde die "1.000-Kräfte-Marke" überschritten, da allein seit Freitag 1.300 Feuerwehrmitglieder von 200 verschiedenen Feuerwehren sowie rund 300 Fahrzeuge im Einsatz waren. Unterstützt wurden sie von mehreren Zügen des Katastrophenhilfsdienst (KHD).

In Altaussee ist am Sonntag die Evakuierung einiger Bewohner angeordnet worden, da wegen unmittelbar drohender Gefahr Lawinen gesprengt werden müssen, teilte Katastrophenreferent Michael Schickhofer (SPÖ) mit. Die Evakuierung sollte nur kurzzeitig dauern.

Fünf Volksschulen und eine Neue Mittelschule bleiben auch am Montag und Dienstag wegen Schneeräumungen gesperrt. Es handelt sich um St. Nikolai/Sölktal, Landl, Gams, Wildalm, Knoppen und Weißenbach (NMS). Betroffen waren rund 150 Schülerinnen und Schüler, hieß es seitens des steirischen Landesschulrats.

Aufgrund der vielen Straßensperren sind nach wie vor 1.500 Personen von der Außenwelt abgeschnitten.
ORF
  • Salzburg

5000 Menschen – darunter 3000 Einhemische und 2000 Gäste – sind in Rauris in Pinzgau derzeit von der Außenwelt abgeschnitten. Die örtliche Lawinenwarnkommission hat wegen eines drohenden Lawinenabgangs die Rauriser Landesstraße (L112) gesperrt. Die Lawinengefahr hat sich wieder verschärft: Es gilt Warnstufe vier der fünfteiligen Skala.

Auch Unken, Lofer und St. Martin sind nicht erreichbar. Das Landratsamt Berchtesgaden-Land sperrt das Kleine Deutsche Eck wegen Lawinengefahr ab 17.00 Uhr. Der Landeseinsatzstab Salzburg verschärfte am Sonntag seine Wetterwarnung: Menschen deren Häuser nahe am Waldrand liegen sollen im Erdgeschoß übernachten. Umstürzende Bäume könnten durch Dächer brechen und die Schneemassen auf den Dächern könnten darunterliegende Personen verschütten, warnte das Land. Bewohner in schneereichen Regionen sollten nicht unbedingt nötige Aufenthalte im Freien vermeiden. Die Gefährdung durch Gleitschneelawinen nimmt zu.

Auch die B311, die Pinzgauer Straße zwischen Weißbach und St. Martin ist ab Höhe der Lamprechtshöhle ab 17.00 Uhr wieder gesperrt. Somit sind Unken, Lofer und St. Martin sind weder von Salzburger noch von bayrischer Seite her erreichbar. Auf Tiroler Seite wird die Lawinenwarnkommission um 17.00 Uhr tagen. Wenn die B178 Loferer Straße gesperrt wird, sind die drei Gemeinden auf dem Straßenweg nicht mehr erreichbar.

Am Sonntag waren insgesamt rund 6.000 Personen in Salzburg von der Außenwelt abgeschnitten. Davon befanden sich rund 3.000 Einwohner und 2.000 Gäste in Rauris. Die L112 war wegen einer drohenden Lawine gesperrt, die nicht abgesprengt werden konnte.


Ein Hubschrauber fliegt eine 110kV Hochspannungsleitung im Bereich von Landl (Steiermark) ab und befreit umliegende Bäume von Schnee.
Foto: APA/EXPA/ DOMINIK ANGERER
  • Oberösterreich

In Oberösterreich standen die Helfer am Sonntag im Wettlauf mit dem Wetter: 400 Soldaten, 700 Feuerwehrleute und Polizeischüler arbeiteten in den Bezirken Gmunden und Kirchdorf an der Krems daran, Dächer von der Schneelast zu befreien bevor die angekündigten neuen Niederschläge kommen, berichtete das Militärkommando Oberösterreich am Sonntag.

Ein Hubschrauber aus Hörsching war am Vormittag im Hausruckviertel unterwegs, um mittels Abwind seiner Rotorblätter Bäume von der Schneelast zu befreien. Die Schneemengen, die es zu beseitigen gilt, sind enorm. Am Samstag beförderten knapp 330 Mann von Feuerwehr und Bundesheer rund 24.000 Kubikmeter Schnee vom Dach einer Halle in Ebensee. Am Sonntag wurde auch dort weitergeschaufelt. Weitere Hotspots waren Rosenau am Hengstpass, Edlbach und Gosau.

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Eine Zugstrecke wird in Hochfilzen, Tirol, vom Schnee befreit.
Foto: AP/Kerstin Joensson
  • Niederösterreich

Auch in den alpinen Lagen in Niederösterreich hat sich die Lawinensituation weiter verschärft. Die Gefahr im gesamten Bereich der Ybbstaler Alpen wurde vom Warndienst mit "groß" (Stufe vier von fünf) beurteilt. Ebenso große Lawinengefahr herrschte im Rax-Schneeberggebiet ab 1.500 Metern. In den übrigen Regionen wurde das Risiko als "erheblich" (Stufe drei) beurteilt.

"Während des Samstages wurde der Schnee in den tiefen Lagen feucht und schwer. Hier wird die Schneedecke durch den Regen weiter destabilisiert", hieß es im Lagebericht von Sonntagfrüh. Durch den stürmischen Wind werde weiter frischer Treibschnee gebildet und die Wechten weiter anwachsen, so der Lawinenwarndienst.

Zwei Tote in Frankreich

Zwei Pistenwärter sind in Frankreich beim Versuch eine Lawine vorsorglich zu sprengen ums Leben gekommen. An einer Skistation in den französischen Alpen hätten sie den Sprengstoff bei den Vorbereitungen versehentlich zu früh ausgelöst, teilte die Bergrettung am Sonntag mit.

Demnach sollte die Lawine wie üblich am Morgen vor Öffnung der Pisten abgesprengt werden. Das Unglück ereignete sich laut Bergrettung in der Skistation Morillon im Departement Haute-Savoie. (APA, 13.1.2019)