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Für jeden vierten Österreicher verzichtbar: EU-Parlament in Straßburg.

Foto: dpa/lars halbauer

Linz – Das mit der Mitbestimmung wird wohl irgendwie klappen: In der aktuellen Market-Umfrage für den STANDARD gaben 54 Prozent an, dass sie es für zutreffend halten, dass die EU-Wahl eine Mitbestimmung ermöglicht, "wie es in Europa weitergehen soll". Ein näherer Blick in die Daten zeigt allerdings: Ältere Befragte sehen diesen Zukunftsaspekt deutlich stärker als jüngere, ebenso ist die Mitgestaltung eher ein Thema für höhere Bildungsschichten.

Ganz deutlich wird in dieser Umfrage auch, dass die Anhänger unterschiedlicher Parteien auch ganz unterschiedlich stark an die Möglichkeiten des EU-Parlaments glauben. Das stärkste Vertrauen in die Gestaltungsmöglichkeiten des Straßburger Parlaments haben die Wählerinnen und Wähler der SPÖ: Von ihnen stimmen 67 Prozent der Aussage zu, nur 18 Prozent der Sozialdemokraten meinen, dass eine Mitbestimmung durch die Parlamentswahl nicht möglich ist (15 Prozent machen keine Angabe).

Die Antworten in der Wählerschaft von Neos und Grünen zeigen ein ähnliches Muster, lassen aber aufgrund der geringen Fallzahlen keine nähere Interpretation zu.

Zweifel der Unentschlossenen

Ganz anders ist allerdings die Sichtweise von politisch Unentschiedenen: Von ihnen glauben nur 30 Prozent, dass die Wahl eine Mitbestimmung über Europas Zukunft ermöglicht, 27 Prozent glauben das explizit nicht, und 43 Prozent ziehen sich darauf zurück, keine Angabe zu machen. Ähnlich unterdurchschnittlich, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt, ist das Vertrauen der FPÖ-Wähler in die Mitgestaltungsmöglichkeiten bei der EU-Wahl.

Die ÖVP-Wähler sind etwa ähnlich aufgestellt wie der Durchschnitt der Bevölkerung.

Jeder Vierte hält Parlament für unnötig

Der Befund deckt sich mit den Antwortmustern zur Behauptung, das Europäische Parlament sei eine "unnötige Institution".

Dem stimmen immerhin 25 Prozent der heimischen Wahlberechtigten zu – was etwa jenen 22 Prozent entspricht, die bezweifeln, dass die Wahl eine Mitbestimmung über Europas Zukunft ermöglicht.

Market-Institutsleiter David Pfarrhofer sagt dazu: "Die Muster in dieser Umfrage sind sehr konsistent: Etwa die Hälfte der Wahlberechtigten nimmt die EU-Wahl wichtig. Gleichzeitig sagt ein Fünftel bis ein Viertel der von uns Befragten, dass sie dem EU-Parlament wenig bis gar nichts zutrauen. Der Anteil der Freiheitlichen, die das EU-Parlament für unnötig halten, ist mit gut 40 Prozent besonders hoch."

EU-Kritik durch Nichtwählen

Nun könnte man vermuten, dass diejenigen, die nur bescheidene Erwartungen an das Parlament haben, auch der Wahl fernbleiben. Das scheint teilweise der Fall zu sein.

DER STANDARD ließ dazu das Statement beurteilen: "Die wirksamste Kritik an der EU ist, nicht an der Wahl zum Europäischen Parlament teilzunehmen." Dem stimmten 18 Prozent zu – erklärte FPÖ-Anhänger allerdings eineinhalb mal so oft wie der Durchschnitt der Wahlberechtigten.

Jeder zweite Befragte sagte, "das Europäische Parlament sollte die EU-Kommission kontrollieren" – eine Forderung, die von Befragten über 50 doppelt so oft unterstützt wird wie von Jungwählern.

EU-Rat hat Vorrang vor EU-Parlament

40 Prozent halten es für richtig, dass in der EU der Rat, "also die Vertreter von Regierungen wie der Bundesregierung" wichtiger sind als das Parlament – nur 27 Prozent geben dem europäischen Parlamentarismus den Vorzug. Hier sind Jungwähler auf der Seite des Parlaments, ältere Wähler allerdings ganz deutlich auf der Seite der nationalen Regierungen.

In seiner – ohnehin schwach ausgeprägten – Funktion als Gesetzgeber wird das Straßburger Parlament aus österreichischer Sicht dagegen nicht so gern wahrgenommen. Hier lautete das von Market zur Beurteilung vorgelegte Statement: "Die Gesetzgebung in Europa sollte eher durch das Europäische Parlament als durch nationale Parlamente wie den Nationalrat erfolgen." Dem stimmen nur 22 Prozent (wiederum vor allem Sozialdemokraten, Neos und Grüne) zu – 55 Prozent lehnen die Übertragung von mehr Gesetzgebung an das EU-Parlament ab. (Conrad Seidl, 14.1.2019)