Stefan Koubek hat Dominic Thiem im Auge und erinnert sich an eine grandiose Aufholjagd bei den Australian Open: "Ich saß damals mit einem Bein im Flieger."

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Wer hätte damals noch auf Stefan Koubek gesetzt? 0:6, 1:6, 1:4 und 15:40 lag der Österreicher zum Auftakt der Australian Open 2002 gegen den Franzosen Cyril Saulnier zurück. Dem Kärntner waren die Bälle links und rechts um die Ohren geflogen. "Ich saß mit einem Bein im Flieger", erinnert sich Koubek. Doch anstatt sich in die Economy Class zu zwängen, bäumte sich die damalige Nummer 65 der Weltrangliste auf und gewann mit 8:6 im fünften Satz. "Man braucht etwas Glück, ich habe heute noch einige Ballwechsel im Kopf", sagt der 42-Jährige. Beflügelt von dieser epochalen Aufholjagd erreichte Koubek zum einzigen Mal in seiner Karriere das Viertelfinale bei einem Grand-Slam-Turnier.

Ein Viertelfinale in Melbourne blieb Dominic Thiem bisher verwehrt. Im Vorjahr setzte es im Achtelfinale eine bittere Niederlage gegen den überraschenden US-Amerikaner Tennys Sandgren. Diesmal droht dem als Nummer sieben gesetzten Österreicher gleich in der ersten Runde Gefahr. Thiem trifft am Dienstag in der Margaret Court Arena im zweiten Spiel der um neun Uhr/MEZ (live auf Servus TV) beginnenden Night-Session auf den unberechenbaren Franzosen Benoit Paire. Das bislang einzige Match gegen den Weltranglisten-55. hat Thiem 2017 ebenfalls bei den Australian Open in vier Sätzen für sich entschieden. "Das ist aber ein unangenehmer Gegner", sagt Koubek, "Paire kann mit dem Ball einiges anfangen. Auf drei gewonnene Sätze sehe ich Dominic trotzdem als Favoriten."

Steigerung erwartbar

Als Favorit galt Thiem zuletzt auch in Doha, dort unterlag er zum Auftakt dem Franzosen Pierre-Hugues Herbert. Zwei Exhibitions gegen den Russen Karen Khachanov gingen in Abu Dhabi verloren, ebenso ein Match gegen den Südkoreaner Chung Hyeon. Ist das nicht etwas beunruhigend? "Nein", sagt Koubek, "die Vorbereitung auf Teneriffa war hart. Jetzt geht's ans Eingemachte, da kann man sicher eine Steigerung erwarten. Allerdings werden die Gegner etwas dagegen haben."

Als Daviscup-Kapitän hat Koubek auch die übrigen Österreicher auf dem Radar. Dennis Novak, Sebastian Ofner und Jurij Rodionov sind in der Qualifikation gescheitert. "Das Potenzial ist da, es fehlt die Konstanz." Ein Tennisprofi müsse dem Sport alles unterordnen. "Trainieren ist nicht immer lustig. Der Körper tut beim Aufstehen weh, man muss sich jeden Tag neu motivieren." Koubek will den Spielern keinesfalls mangelnden Ehrgeiz unterstellen, "es geht aber immer mehr, als man glauben möchte. Ich spreche aus eigener Erfahrung."

Um den Thron

Um die heißesten Kandidaten auf den Gewinn des mit 37,88 Millionen Euro dotierten Turniers zu nennen, muss man nicht Nostradamus heißen. Titelverteidiger Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic – "die drei werden es sich wohl wieder ausmachen", sagt Koubek. Auch Thiem und der deutsche ATP-Finals-Champion Alexander Zverev könnten bei der Titelvergabe eine Rolle spielen: "Wenn die Form kommt, ist alles möglich." (Philip Bauer, 14.1.2019)