Noch eine Packung Schmerzmittel. Für Jasmin ist es die zweite innerhalb von drei Monaten. Die Studentin will während ihrer Regel eigentlich nur eine Schmerztablette pro Tag nehmen, aber oft sind ihre Beschwerden so unerträglich, dass sie mehr benötigt. Jasmin hat eine besonders intensive Periode, jeden Monat leidet sie unter argen Bauchkrämpfen. Bis zu zwei Tage im Monat kann sie deshalb nicht arbeiten gehen.

Tampons, Binden, Menstruationstassen – die Arten, mit der Regel umzugehen, sind vielfältig. Doch in den meisten Fällen haben sie etwas gemeinsam: Sie kosten etwas. Besonders viele Frauen greifen zu Tampons.
Foto: Matthias Cremer

Neben den physischen Beschwerden kommen auf Jasmin auch finanzielle Kosten hinzu. Zwar gibt es zum Auffangen des Blutes viele Möglichkeiten, sie alle haben aber eines gemeinsam: Sie kosten Geld. Die hohen Preise und vor allem die hohe Besteuerung werden von zahlreichen Frauenrechtsorganisationen kritisiert. Immerhin handelt es sich bei Hygieneartikeln um Alltagsprodukte, an deren Verwendung Frauen nicht herumkommen.

Jasmin blutet überdurchschnittlich stark. Am Anfang ihrer Periode benötigt sie meist 15 Tampons pro Tag. So gibt die Studentin knapp sechs Euro im Monat oder 70 Euro im Jahr für Hygieneprodukte und Schmerzmittel aus – Monat für Monat, Jahr für Jahr. Das läppert sich zusammen – auf mehr als 2500 Euro in ihrem ganzen Leben. Damit liegen ihre Kosten weit über dem Durchschnitt. Jasmin hat sieben Tage lang ihre Periode, die meisten Frauen nur fünf. Während die Studentin den Tampon in den ersten Tagen oft stündlich wechseln muss, fällt der Tontechnikerin Marie ihre Periode kaum auf.

Wie Jasmin und Marie benutzen die meisten Frauen in Österreich Tampons. Bei durchschnittlich 500 Perioden (mit fünf Tagen Blutung und 20 Tampons pro Zyklus) benötigen Frauen in ihrem Leben demnach etwa 10.000 Tampons – zu aktuell rund 880 Euro (siehe Wissen).

Mehrere Produkte zeitgleich

Hinzu kommen Kosten für Binden und Slipeinlagen, die oft zusätzlich zu Tampons verwendet werden. Einer nicht repräsentativen Umfrage unter STANDARD-Userinnen zufolge, an der 10.000 Frauen teilnahmen, nutzen über 60 Prozent mehrere Produkte während ihrer Periode. Je nach Marke und Art der Einlagen geben Frauen in ihrem Leben also zusätzlich rund 350 Euro für Binden aus (bei fünf Binden pro Menstruation). Bei längeren, intensiveren Perioden, wie bei Jasmin, aber auch bei häufigeren Zyklen pro Jahr, fällt der Bedarf – und damit einhergehend die Kosten – natürlich höher aus.

Deutlich günstiger sind die relativ neuen Menstruationstassen. Sie sind mit zehn bis 25 Euro zwar teurer, können aber über mehrere Jahre immer wieder benutzt werden, da man sie auswaschen kann. Neben Ausgaben für Hygieneartikel selbst entstehen für zahlreiche Frauen während ihrer Periode Zusatzkosten, etwa durch Schmerzmittel.

Das weiß Jasmin nur zu gut: Mit 13 bekam sie zum ersten Mal ihre Regel – ab diesem Zeitpunkt konnte sie jeden Monat wegen ihrer starken Beschwerden zwei Tage nicht in die Schule gehen. Neben den Bauchkrämpfen war ihr auch übel, jeden Monat musste sie mehrmals erbrechen. Nach einem Jahr gingen ihre Eltern mit ihr zur Frauenärztin, die ihr die Pille verschrieb. Danach nahmen die Schmerzen zunächst ab. Doch mit 20 bekam sie einmal im Monat heftige Migräneanfälle, weshalb sie die Pille wieder absetzte.

Heute empfindet sie zwar keine Übelkeit mehr, aber die Bauchkrämpfe machen ihr zu schaffen. Zusätzlich leidet sie unter Eisprungschmerzen, die zwar weniger stark sind, aber verlässlich zwei Wochen nach der Periode eintreten.

Marie braucht hingegen während ihrer Regel keine Schmerzmittel. Sie blutet auch nur vier Tage – und hat ihre Periode alle fünf Wochen. Nur in den ersten beiden Tagen braucht sie zwei Tampons, sonst weniger oder nur in der Kategorie Mini.

Damit gehört die Tontechnikerin zur Ausnahme: 88 Prozent der Mädchen zwischen 13 und 17 Jahren leiden in Österreich einer Erhebung zufolge unter Beschwerden während ihrer Periode, jede Dritte unter Bauchkrämpfen.

Auch bei der STANDARD-Umfrage gaben 77 Prozent an, während ihrer Regel Beschwerden zu haben. Rechnet man eine Schmerztablette pro Zyklus, kommt man auf rund 200 Euro im Leben einer Frau. Jasmin zahlt den doppelten Betrag, für Marie fallen keine Zusatzkosten an.

Obwohl die Ausgaben – vor allem auf ein ganzes Leben gerechnet – gering erscheinen mögen, kommen zahlreiche Menschen mit der finanziellen Zusatzbelastung nicht zurecht. In vielen sogenannten Entwicklungsländern trägt die Menstruation – und die damit einhergehenden Kosten sowie soziale Stigmata – häufig dazu bei, dass Mädchen der Schule fernbleiben. Unicef, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, geht davon aus, dass eines von zehn Mädchen in Afrika während ihrer Periode nicht am Unterricht teilnimmt. Die Weltbank errechnete ihrerseits vier Abwesenheitstage alle vier Wochen.

In jenen Ländern sind jedoch nicht nur die hohen Kosten für Hygieneprodukte ein Grund für das Fernbleiben der Mädchen, wie eine Unesco-Studie aus dem Jahr 2014 verdeutlicht. Gerade in ländlicheren Regionen ist der Zugang zu Wasser und Toiletten oft eingeschränkt. Einige Mädchen gaben auch an, während des Unterrichts nicht aufzustehen, weil sie aufgrund mangelnder oder zu teurer Hygieneprodukte Blutflecken oder Geruch fürchten.

Improvisierte Produkte

Aber auch in Europa bereiten die Kosten vielen jungen Frauen aus sozial schwächeren Familien Probleme: Eine Studie der Kinderhilfsorganisation Plan stellte 2017 fest, dass sich eines von zehn Mädchen in Großbritannien keine Tampons oder Binden leisten kann. 14 Prozent verwenden aus Kostengründen improvisierte Hygieneartikel. Für die Studie wurden rund tausend Mädchen und junge Frauen im Alter von 14 bis 21 Jahren befragt. Die Umfrage war eine Folge mehrerer Medienberichte, wonach Mädchen in Großbritannien immer wieder der Schule fernblieben, nachdem sie sich Hygieneprodukte nicht leisten könnten.

In Schottland wurde daraufhin im September des Vorjahres ein Programm gegen sogenannte "period poverty" (etwa: Periodenarmut) in der Höhe von 5,2 Millionen Pfund (5,8 Millionen Euro) gestartet. Seit Semesterbeginn stehen Schülerinnen und Studentinnen auf Toiletten neben Seife und Klopapier auch kostenlose Hygieneartikel zur Verfügung. Außerdem fließen 15 Millionen Pfund derzeit in einen "Tampon Tax Fund", der mit Steuereinnahmen von Hygieneprodukten gespeist wird. Der Fonds finanziert Projekte für Frauen und Mädchen in ganz Großbritannien.

Hierzulande werden Hygieneprodukte mit dem Normalsteuersatz von 20 Prozent besteuert. Andere Produktgruppen, die für den Alltagsgebrauch notwendig sind, wie etwa Lebensmittel, Brennholz oder Medikamente, fallen hingegen unter ermäßigte Steuersätze von zehn bzw. 13 Prozent. Ein Punkt, der vor allem bei Frauenrechtsorganisationen immer wieder für Kritik sorgt. Das Start-up Erdbeerwoche und die Plattform Aufstehn initiierten 2017 etwa eine Unterschriftenaktion zur Senkung der Steuerbelastung auf Monatshygieneprodukte in Österreich. Die an das Finanzministerium gerichtete Aktion erreichte bisher jedoch nur 8700 der geplanten 15.000 Unterschriften. Eine ähnliche Aktion in Deutschland, wo die Steuer bei 19 Prozent liegt, erreichte zuletzt mehr als 120.000 Unterschriften.

Steuer auf Hygieneprodukte abgeschafft

Proteste der Bevölkerung haben bereits in einem knappen Dutzend Länder weltweit zur Abschaffung der – verkürzt oft "Tamponsteuer" genannten – Umsatzsteuer auf Hygieneprodukten geführt. Tatsächlich handelt es sich bei der Tamponsteuer nicht um eine Zusatzsteuer, als die sie häufig beschrieben wird, sondern zumeist um den allgemeinen Normalsteuersatz.

In Australien haben jahrelange Aufrufe von Frauenrechtsgruppen mit Jahreswechsel zu einer Gesetzesnovelle geführt: Mit Jänner wurde die "Goods and Services Tax" in der Höhe von zehn Prozent auf Monatshygieneprodukte gestrichen. Der Vorstoß war bis zuletzt umstritten, dem Staat entgehen durch die Novelle immerhin Steuereinnahmen von rund 30 Millionen Australischen Dollar pro Jahr. Andere "Gesundheitsmittel" wie Kondome, Gleitgel oder Viagra waren in Australien bereits zuvor von der Steuer befreit worden.

Viele Länder reduzieren Steuerbelastung

Konsumenten in Frankreich zahlen beim Kauf von Tampons seit 2016 nurmehr 5,5 statt 20 Prozent Steuern. In Großbritannien wurde die Steuerbelastung für Hygieneartikel bereits 2011 auf fünf Prozent reduziert, Spanien will die Rate noch heuer von zehn auf vier Prozent senken. Und auch in Polen werden Damenhygieneprodukte zu einem reduzierten Steuersatz von acht statt 23 Prozent vertrieben, ab 2020 sollen die Produkte nur mehr mit fünf Prozent besteuert werden.

Kanada und Indien gingen einen Schritt weiter: In beiden Ländern wurde die Steuer auf Tampons und Binden nach langen Protesten 2015 beziehungsweise 2018 abgeschafft. Auch in zehn US-Bundesstaaten fällt auf Monatshygieneartikel keine Steuer an. Ex-US-Präsident Barack Obama antwortete 2016 auf die Frage, warum noch viele Bundesstaaten eine hohe Steuer auf Binden und Tampons erheben, dass das wohl daran liege, "dass Männer diese Gesetze gemacht haben". (Nora Laufer, Noura Maan, Daniela Yeoh, 19.1.2019)