Wien – Nach der Häufung von tödlichen Angriffen in den vergangenen Tagen und Wochen, denen Frauen zum Opfer gefallen sind, hat Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) angekündigt, eine Screening-Gruppe einzurichten. "Die Morde an Frauen in den vergangenen Tagen und Wochen haben gezeigt, dass wir akuten Handlungsbedarf in diesem Bereich haben", sagte Kickl am Dienstag auf Anfrage der APA.

Die Gruppe soll Mordfälle, die seit 1. Jänner 2018 verübt wurden und als Beziehungstat eingestuft werden, aufrollen, screenen und analysieren. In den Fokus gefasst werden sollen beispielsweise die Vorgeschichte des Täters, die Opfer-Täter-Beziehung und Opfer-Täter-Charakteristika. "Es geht uns unter anderem darum zu analysieren, wer was wann wo wie womit und warum getan hat. Daraus sollen Muster abgeleitet werden.

Eine weitere Frage, die sich die Gruppe stellen wird, ist, ob es Kommunikationsmängel zwischen verschiedenen Stellen gibt, die behoben werden müssen. Dadurch soll ein präventiver Ansatz erzielt werden, wodurch künftige Gewalttaten verhindert werden können", betonte der Innenminister.

Bessere Vernetzung soll geprüft werden

Das Innenministerium will außerdem überprüfen, ob es einen Bedarf nach besserer Vernetzung von Prävention und Repression gibt, etwa zwischen Opferschutzeinrichtungen und Haftanstalten. "Wenn sich beispielsweise jemand in der Haft radikalisiert, dann muss das an die zuständigen Stellen weitergeleitet werden", sagte Kickl.

Ansehen will sich der Innenminister auch, wie die Bluttaten verübt wurden. "Die Vorfälle in den vergangenen Wochen haben auch gezeigt, dass die Verwendung von Tatmitteln wie Hieb- und Stichwaffen ein großes Problem darstellen. Daher sollen Tätergruppen, die diese Tatmittel besonders häufig verwenden, identifiziert werden, um auch hier präventiv entgegenzusteuern", kündigte der Innenminister an.

Die Screening-Gruppe soll sich aus Experten von Polizei, Innenministerium, Justiz, Profiling/Psychologie, Opferschutz und dem Austrian Center for Law Enforcement Sciences (ALES) zusammensetzen. Außerdem soll mit internationalen Einrichtungen Kontakt aufgenommen werden. Als Leiter der Gruppe ist der Direktor des Bundeskriminalamtes, Franz Lang, vorgesehen.

"Die Screening-Gruppe versteht sich als Ergänzung zur Taskforce 'Strafrecht', die sich mit dem im Regierungsprogramm verankerten Schwerpunkt zum Thema 'Härtere Strafen für Sexual-und Gewaltverbrecher' auseinandersetzt", so der Innenminister. "Die Vorfälle in den vergangenen Tagen haben gezeigt, dass wir keine Zeit mehr verlieren dürfen, daher erwarte ich mir von der Taskforce rasch Ergebnisse und eine Strafverschärfung für Sexual- und Gewaltverbrecher", sagte Kickl. Er verwies auf einige Felder, bei denen seiner Meinung nach Handlungsbedarf besteht, und nannte das Betretungsverbot und die Melde- und Anzeigenpflichten für gesundheitliche Berufe.

SPÖ-Kritik an Stopp für Fallkonferenzen

Die Screening-Gruppe sei ein "erster Schritt", sagte SPÖ-Bundesfrauengeschäftsführerin Andrea Brunner. Zugleich kritisierte sie in einer Aussendung: "Hätte Kickl MARAC nicht eingespart, müsste er jetzt nicht eine neue Kommission einrichten."

Im Sommer 2017 war bekannt geworden, dass das Innenministerium die Teilnahme der Polizei an den Opferschutz-Fallkonferenzen "Marac" (Multi-Agency Risk Assessment Conference) gestoppt hat. Bei einer Evaluation des Pilotprojekts sei herausgekommen, dass der erhoffte Nutzen nicht erzielt worden sei, lautete die Begründung des Ressorts.

Statt "dem Abdrehen dieser wichtigen Institution" hätte Kickl dafür sorgen müssen, "dass Geld und Infrastruktur zur Verfügung stehen und die Fallkonferenzen – wie eigentlich ursprünglich geplant – in allen Bundesländern ausgerollt werden", betonte Brunner. Als Frauenpolitikerin frage sie sich außerdem, warum die Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) ihre Aufgabe nicht wahr nehme, so die SPÖ-Politikerin. (APA, 15.1.2017)