In vielen Schulen in Nordgriechenland wird gegen das Namensabkommen demonstriert, manche sind in griechische Flaggen eingehüllt. Es wird so getan, als drohe den Griechen Unheil, wenn sie zulassen, dass das Nachbarland nach 28 Jahren endlich einen echten Staatsnamen bekommt und nicht mehr "Frühere Jugoslawische Republik Mazedonien" heißt, sondern Nord-Mazedonien.

Laut einer aktuellen Umfrage sind 65 Prozent der Griechen gegen den Kompromiss. 45 Prozent halten Griechen, die diesen unterstützen, für "Verräter" – allen voran Premier Alexis Tsipras. Und 18 Prozent befürworten sogar den Vorschlag von Rechtsextremen, dass die Armee Politiker verhaften und so die Umsetzung des Abkommens verhindern solle.

Wie in allen anderen Balkanstaaten emotionalisiert auch in Griechenland der völkische Nationalismus die Gemüter weit mehr als die Frage, ob man trotz der Sparpolitik genug Geld zum Leben hat oder wie verschmutzt die Luft ist. Die Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe wird ähnlich wie eine Religion zur Gretchenfrage gemacht.

Nachbarn werden zu Feinden stilisiert, so als ob sie die eigene – offenbar instabile – Identität gefährden könnten. Ein Grund dafür ist das in Südosteuropa stark verbreitete Denken in Kollektiven statt in Individuen. Tsipras war insofern wirklich mutig, sich durch die Aussöhnung mit Skopje auch für mehr Vernunft in der Politik einzusetzen. (Adelheid Wölfl, 16.1.2019)