Eine Privataufnahme des US-Sängers Micah P. Hinson. Bei der Arbeit macht er den Mund schon auf.

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Ein Albumtitel wie When I Shoot At You With Arrows, I Will Shoot To Destroy You könnte einen Schmunzeln machen. Im Falle des Micah P. Hinson muss die Drohung einer Attacke mittels Pfitschipfeils aber ernster genommen werden als bei, sagen wir, Waterloo. Micah P. Hinson ist nämlich ein stolzer Abkömmling des Stammes der Chickasaw. Einige seiner Verwandte arbeiten heute daran, deren Kultur und Sprache am Leben zu erhalten.

Micah P. Hinson hat sich hingegen der Musik verschrieben. Der in Memphis, Tennessee, geborene und in Texas aufgewachsene Singer-Songwriter ist 2004 mit dem Album The Gospel of Progress aufgetaucht, einem seltsam aus der Zeit gefallenen Werk. Eingemeindet wurde er damit ins Americana-Fach, wo sein Grabrednergesang ihm bald einen Ehrenplatz im Unterfach des American Gothic einbrachte. Wer die aus New Mexico stammende Country-Band The Handsome Family kennt – so ähnlich, nur mit ohne Humor.

Bleich und älter

Hinson war damals ein bleicher junger Mann, heute ist er älter und hat mittlerweile an die 15 Alben veröffentlicht. Das im Vorjahr erschienene When I Shoot At You With Arrows … zählt zu seinen besten. Songs daraus wird er am Freitag im Wiener Chelsea präsentieren, wo er einen Soloauftritt absolvieren wird. Das ist gut und bitter zugleich.

Aus dem aktuellen Album Hinsons: The Sleep of the Damned.
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Denn gerade die Instrumentierung seines aktuellen Albums macht dieses so besonders, vor allem die Waber-Orgel kommt gut. Andererseits besitzt der strittige Barde eine Stimme, die einen Solovortrag auch nicht uninteressant erscheinen lässt. Als strittig gilt Hinson deshalb, weil er zwar in Hipsterkreisen verehrt wird, dabei aber stockkonservative Ansichten vertritt.

"Der Mörder des amerikanischen Traums"

2010 nannte er Barack Obama in einem Interview den Mörder des amerikanischen Traums, weil er leistbare Krankenversicherungen für alle US-Amerikaner ermöglichte. Hinson diskreditierte Obama zudem als Celebrity-Präsidenten. Wäre interessant zu erfahren, wie sein Urteil über den akuten Potus ausfällt.

Vintage-Sounds und Schrottplatzgitarren: Small Spaces.
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Ein Jahr später wurde der dreifache Vater bei einem Autounfall schwer verletzt. Er war monatelang außer Gefecht gesetzt und musste erst langsam wieder Gitarre spielen lernen. Ob das seine Ansicht zur allgemeinen Krankenversicherung geändert hat, ist nicht bekannt. Andererseits sind es auch Old News, dass Countrytypen konservativ sind.

Ungeachtet seiner politischen Ansichten zählt er zu den großen Solitären der ungeliebten Americana-Schublade. Er ist eine Ausnahmeerscheinung wie David Eugene Edwards von 16 Horsepower und Woven Hand. Also einen Besuch allemal wert. (Karl Fluch, 17.1.2019)