Werner Kogler will die Grünen radikaler in der Perspektive, aber auch realpolitisch umsetzungsfähig machen.

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Mit einer Klausur in ihrem neuen Quartier in Wien-Landstraße machen sich die Grünen derzeit für das politische Jahr 2019 bereit. Den traumhaften Ausblick, den man von dort über ganz Wien genießt, verwertete der grüne Bundessprecher Werner Kogler als Metapher für den inhaltlichen Weitblick, mit dem die Grünen in das neue Jahr starten wollen. Man werde "radikale Analysen mit realpolitischer Bündnisfähigkeit verknüpfen", meinte er.

Koglers Analysen gestalteten sich thematisch durchaus weitreichend. Seine Tour d'Horizon reichte von den Sonntagsdemonstrationen in Vorarlberg über den Zusammenhang von Klimaschutz mit Ernährungsfragen, die massive Abholzung des Regenwalds unter Brasiliens rechtem Präsidenten Bolsonaro und Italiens Innenminister Matteo Salvini, den Kogler als Faschisten einstuft, bis hin zum Brexit sowie den Vorteilen einer Kreislaufwirtschaft.

Hoffnung auf grünes Wunder

Im Mittelpunkt standen allerdings die Pläne der Grünen in diesem Jahr. Bei der Gemeinderatswahl in Salzburg, die im März stattfindet, erhofft man sich ein "grünes Wunder". Als Vorbild fungiert hier Innsbruck, wo der Grüne Georg Willi vergangenes Jahr das Amt des Bürgermeisters eroberte. Bei der Landtagswahl in Vorarlberg gehe es darum, die schwarz-grüne Koalition zu verteidigen. Für die Europawahl setzt sich Kogler, der als Spitzenkandidat ins Rennen gehen wird, keine quantitativen Ziele: "Das Wichtigste ist, dass wir wieder reinkommen."

Ökologisches "Retroprojekt"

Inhaltlich soll der Fokus auf die ökologische Frage gelegt werden. Diese sei eine Lebensfrage und eine Überlebensfrage. Den Zugang der "türkis-schwarz-blauen Regierung" kritisierte Kogler scharf. Deren Umweltpolitik sei ein einziges "Retroprojekt". Die Umweltgesetzgebung werde mit voller Absicht um 30 Jahre zurückgedreht. Insbesondere die neuen Bestimmungen im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung, bei der NGOs die Namen ihrer Mitglieder offenlegen müssen, damit sie am Verfahren mitwirken dürfen, verärgern Kogler. Es handle sich um einen böswilligen Versuch, der dazu diene, Umweltorganisationen "hinterherzustalken". Die Ursache derartiger Maßnahmen verortet Kogler in der Affinität von ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz zu großen Konzernen.

Hinsichtlich einer möglichen Fusion mit der Liste Jetzt (vormals Liste Pilz) wollte sich Kogler nicht festlegen. Bei konkreten Anliegen sei eine Kooperation jedenfalls sinnvoll, das gelte aber gleichermaßen für die Neos und die SPÖ. Eine organisatorische Verbindung sei im gegenwärtigen Stadium nicht angedacht. (Theo Anders, APA, 18.1.2019)