Ich nehme an, es ist Ihnen auch passiert. Man surft im Internet so für sich hin, und nichts zu suchen, das ist mein Sinn, doch plötzlich fällt der Blick auf etwas, von dem man weiß, etwas Gescheites ist das nicht, grindig gar, aber vielleicht doch auch lustig, sonst hätten nicht so viele draufgeklickt, und ehe man sich's versieht, ist man drauf mit der Maus auf der Klickgranate, und Peng!, detoniert sie.

Kürzlich verlockte mich beim Twittern die anlassige Frage "Want to see a dog fart and a cat barf?" zum Hinklicken. Und siehe da: Der 16-Sekunden-Clip, der sogleich vor mir ablief, bewies, dass der Twitterant nicht zu viel versprochen hatte.

Na, ist das idiotisch? Hat man es als erwachsener Mensch nötig, dieses Spektakel zu betrachten? Offenbar ja, denn das Video wurde millionenfach angeklickt.
Rex Cymru

Wir sehen (und vor allem hören wir) einen schäbigen, alten, braunen Hund, wie er, der Länge nach auf einem weißen Wollteppich fläzend, einen fahren lässt, aber einen, der sich gewaschen hat. Das Herrl (nicht im Bild) lacht ungläubig, dann wischt die Kamera zwei Sekunden nervös über den Teppich, um, zum Gekreisch des Fraulis, auf eine in Hundehinterteilshöhe befindlichen Katze zu schwenken, welche im hohen Strahl ihre vorige Mahlzeit auf den Teppich reihert (sofern das Wort "reihern" für eine Katze angebracht ist).

Na, ist das idiotisch? Hat man es als erwachsener Mensch nötig, dieses Spektakel zu betrachten? Offenbar ja, denn das Video, seit Anfang Jänner online, ging millionenfach "viral" und wurde selbst von Menschen geteilt, die sich sonst einer tadellosen sozialen Reputation und eines stubenreinen Humors erfreuen.

Die Segnungen des Internets! Ehe es erfunden wurde, konnte sich der Durchschnittsmensch allenfalls in seinen eigenen vier Wänden daran belustigen, dass sich die Mieze übergab, weil ihr der Waldi einen Gruß aus Darmstadt geschickt hatte. Heute ist der Zugriff auf farzende Hunde und kotzende Katzen globalisiert, und der Feuerländer kann sich an ihnen ebenso delektieren wie der Franzose oder Finne.

Ein Zeichen der Dekadenz, dafür, dass alles bergab geht? Aber wo. Unter Schauspielern weiß man seit Menschengedenken: "Der Schas ist der beste Komiker." Schon bei den alten Römern hatte der Histrio, der Possenreißer, die Lacher auf seiner Seite, wenn er auf der Bühne einen streichen ließ. Insofern: Nichts Neues unter der Sonne. Und: Es gibt sie ja noch, die Menschen, die sich in ihrer Freizeit keine Fürze anhören, sondern ein gutes Buch lesen. (Christoph Winder, Album, 20.1.2019)