Sechs Krankenschwestern, die zu König Arthurs Zeiten so nicht erfunden waren, tragen ein Bettchen heran, in dem der Kleine schläft. Es ist kein Epochenirrtum der Inszenierung. Dem kleinen Arthur wird von Opa die Geschichte eines alten Königs erzählt, und hin und wieder träumt der Kleine von diesen alten Sagenzeiten: Es lebte einst König Arthur, der den Sachsenherrscher Oswald besiegte und schließlich die blinde Emmeline verehrte, die ihr Augenlicht wiedererlangte.

Während Opa erzählt oder der Kleine träumt, herrscht draußen aber Krieg. Es ist wohl jener zweite weltweite gegen Hitler: Arthurs Vater (Michael Rotschopf) ist in den Wirren der Luftkämpfe gefallen. Ein in den Bühnenboden gerammter Kampfflieger deutet das väterliche Schicksal an, während ein Arzt nun um die trauernde Witwe wirbt.

Die verdoppelten Konkurrenten Arthur und Oswald (li.).
Foto: Herwig Prammer

Immer wieder bemächtigt sich aber die alte Geschichte dieser britischen "Gegenwart": Es geht in den Wald der Freuden mit den Zitatmitteln einer altehrwürdigen Theaterästhetik. Es gibt sächsische Opferzeremonien, bei denen Strohmenschen singen, es gibt auch Commedia dell'arte samt MeToo-Pointen. Und wenn sich Oliver Stokowski als mies gelaunter Osmond an Grinbald (Tom Radisch) abreagiert oder monologisiert, ist das lustig und sprachlich heutig. Sven-Eric Bechtolf und Julian Crouch, das Regieteam, das seine Berliner Produktion nun im Theater an Wien auferstehen hat lassen, begnügen sich nicht mit dem Erzählen der alten Rittergeschichte, die einst Komponist Henry Purcell zur Semiopera King Arthur geformt hat.

Es spricht aus den Figuren Bechtolfs neuer Text, und aus einem Radio kommen denn auch Kriegsnachrichten. Auch der tote Vater erscheint dem kleinen Arthur als Geist. Das Regieteam mixt also Zeiten und Ebenen, es verschmelzen Erzähler und Erzählung, und es erscheint König Arthur als Riesenpuppe wie auch als eine handliche. Klar: Arthurs trauernde Mutter wird zur blinden Emmeline (Meike Droste), während sich Opa zum Zauberer Merlin wandelt. Eben deshalb: Es ist diese Ideenfülle als Überfülle, welche die Inszenierung dann etwas beschwert und punktuell für so etwas wie unterhaltsame Langeweile sorgt.

Patrioten in den Krieg

Nicht ganz unschuldig auch der Concentus Musicus unter Dirigent Stefan Gottfried: Das historisch informierte Ensemble ist ein bisschen brav unterwegs. Wo akzentuiertes Zupacken sinnvoll wäre, wo der Klang eine auratische Gegenwelt bilden könnte, bleibt es oft spannungslos und atmosphärisch recht flach. Gut immerhin der Schönbergchor; eher nur solide jedoch die Gesangsleistungen (Martina Jankova, Robin Johannsen, Rodrigo Sosa Dal Pozzo, Mark Milhofer, Johannes Bamberger, Jonathan Lemalu).

Am Ende wird es bedeutungsvoll und unter der Oberfläche traurig: Es steigt der kleine Arthur in den Flieger, mit Patriotismus gedopt ist er unter Familienjubel bereit, in den Krieg zu ziehen. Das Lustspiel kippt in die Erkenntnis von der ambivalenten Liaison zwischen Heimat und Krieg. Das "Es war einmal" wird zum "Es wird immer Krieg geben ..." Hoffentlich ein Irrtum. (Ljubisa Tosic, 18.1.2019)