So soll die Oberfläche des Areals am Heumarkt laut Planung künftig aussehen.

Foto: rendering: isay weinfeld & sebastian murr

Wien – Die Diskussion über den geplanten Turm am Wiener Heumarkt geht in die nächste Runde: Der Bund könnte das Zepter in die Hand nehmen und per Weisung anordnen, dass die Gebäudehöhe im Flächenwidmungsplan herabgesetzt wird. Die Turmhöhe sorgt bekanntlich seit Jahren für Auseinandersetzungen, weil die Unesco bei mehr als 43 Metern den Status der Innenstadt als Weltkulturerbe aberkennen möchte. Geplant sind allerdings 66 Meter.

Neues Gutachten sieht klare Zuständigkeiten

Die Innenstadt steht inzwischen auf der Roten Liste der Unesco. Sollte das Prädikat verlorengehen, bliebe mit dem Schloss und den Gärten Schönbrunn in der Bundeshauptstadt nur mehr ein offiziell als Welterbe ausgewiesenes Areal übrig.

Ein vom Liste-Jetzt-Abgeordneten Wolfgang Zinggl in Auftrag gegebenes Gutachten ist der Auslöser für die neue Entwicklung. Der renommierte Verfassungsrechtler Theo Öhlinger kommt darin nämlich zu dem Schluss, dass, wenn das Weltkulturerbe in Gefahr ist, der Bund dazu verpflichtet ist einzuschreiten. Österreich sei durch die Welterbekonvention nämlich völkerrechtlich dazu verpflichtet, den Erhalt des Status zu garantieren. Dafür gibt es laut Öhlinger mehrere rechtliche Möglichkeiten, die einfachste sei aber eine Weisung, den Flächenwidmungsplan zu ändern.

Blümel will Weisung erteilen, Ludwig sieht keine Neuigkeit

Der im Bund zuständige Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) konnte am Montag noch keine konkreten Angaben machen, da er das jüngste Gutachten zu der Causa noch nicht kenne. Der von ihm mit einer Prüfung beauftragte Verfassungsdienst sei vor einiger Zeit zu einem anderen Schluss gekommen, aber er begrüße es, wenn es eine andere Rechtsmeinung gibt, die Möglichkeiten einräumt, sagt Blümel.

Zinggl kündigte nach Blümels Reaktion an, ihm das Gutachten persönlich vorbeibringen zu wollen. "In dem Augenblick, wo klar ist, dass ein Bundesminister die Möglichkeit hat, das Weltkulturerbe zu retten – und zwar per Weisung –, und das aber nicht tut, dann ist auch klar, dass der Bundesminister mitbeteiligt daran ist, wenn das Ganze schiefgeht", so Zinggl.

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zeigte sich von dem Gutachten am Montag wenig beeindruckt. Dass der Bund für den Erhalt des Weltkulturerbes zuständig ist, sei "keine rasend neue Erkenntnis".

Was Wien gegen eine Weisung tun könnte

Macht Kulturminister Blümel ernst und erteilt die Weisung, hätte der Stadtchef laut Öhlinger keine Chance, sich gegen eine Umsetzung zu wehren: "Ich sehe nicht, was die Stadt dagegen tun könnte. Sie ist in dem Fall die nachgeordnete Behörde." Würde die Bundeshauptstadt die Weisung einfach ignorieren, dann könnte der Bund beim Verfassungsgerichtshof klagen, führt Öhlinger aus. Natürlich müsse man darauf Bedacht nehmen, dass der Flächenwidmungsplan schon stehe. "Aber es ist auch denkbar, dass eine rechtswidrige Genehmigung zurückgenommen wird. Und das war es in diesem Fall."

Einen ähnlichen Fall hat es Öhlinger zufolge noch nicht gegeben. "Das ist möglicherweise auch die Erklärung für das Zögern beim Bund." (lhag, 21.1.2019)