Genf/Kopenhagen – Migranten und Flüchtlinge weisen einen guten Gesundheitszustand auf, sind aufgrund schlechterer Lebensbedingungen auf der Durchreise oder beim Aufenthalt in den Aufnahmeländern aber stärker gefährdet, krank zu werden. Das ergab der erste Bericht zur Gesundheit von Migranten und Geflüchteten, den das Europäische Regionalbüro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Montag veröffentlicht hat.

Bei ihrer Ankunft leiden die Menschen offenbar seltener als die Bevölkerung der Aufnahmeländer unter nicht übertragbaren Krankheiten. Durch ein Leben in ärmeren Verhältnissen werden Migranten und Geflüchtete jedoch anfälliger für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs oder Schlaganfall, hieß es vonseiten der WHO. Während des Aufenthalts in den Aufnahmeländern und damit oft einhergehenden Lebensbedingungen in Armut würden viele etwa auf körperliche Aktivität verzichten und vermehrt ungesunde Nahrung zu sich nehmen. Dadurch steigen die Risikofaktoren.

HIV-Infektion oft erst nach Ankunft in Europa

Auf ihrem beschwerlichen Weg in sichere Länder sind die Menschen zwar anfälliger für Infektionskrankheiten, die weitverbreitete Annahme, dass Flüchtlinge die einheimische Bevölkerung mit diesen Krankheiten vermehrt anstecken, habe sich jedoch als falsch erwiesen, erklärte die WHO. Vielmehr komme es auf bereits bestehende Prävalenzen an, zum Beispiel bei Tuberkulose. Ein erheblicher Anteil der HIV-infizierten Migranten habe die Infektion etwa erst nach ihrer Ankunft in Europa erworben.

Aus den Ergebnissen des Berichts schloss die WHO, dass Geflüchtete und Migranten so früh wie möglich Zugang zu Gesundheitsdiensten erhalten sollten – in dem Umfang wie die Einwohner des Aufnahmelandes auch. "Das ist der beste Weg, um Leben zu retten, Behandlungskosten gering zu halten und gleichzeitig die Gesundheit der einheimischen Bevölkerung zu schützen", sagte Zsuzsanna Jakab, WHO-Regionaldirektorin für Europa. Zudem sei es wichtig, dass neu Ankommende gemäß dem Basis-Impfplan des Aufnahmelandes immunisiert werden.

Unterschiedlicher Zugang zum Gesundheitssystem

Derzeit gibt es laut WHO große Unterschiede beim Zugang zur Gesundheitsversorgung zwischen den einzelnen Ländern – also welche Personen wann Zugang erhalten und wie weit dieser reicht. Österreich gehört zu jenen Staaten, in denen der Zugang zur Gesundheitsversorgung an bestimmte Konditionen gebunden ist (etwa der Aufenthalt in einem Aufnahmezentrum), bei Gewährung entspricht dieser dann aber den Leistungen für die einheimische Bevölkerung.

Die WHO-Region Europa umfasst 53 Nationen, darunter auch Österreich, mit insgesamt mehr als 920 Millionen Menschen. Fast zehn Prozent der Gesamtbevölkerung sind (internationale) Migranten. Für den "Report on the health of refugees and migrants in the WHO European Region" wurden mehr als 13.000 Dokumente herangezogen, erstellt wurde er in Zusammenarbeit mit dem Italian National Institute for Health, Migration and Poverty (INMP). Um den Ländern die Umsetzung der Ergebnisse in die Praxis zu vereinfachen, hat die WHO mit Unterstützung der Europäischen Kommission Empfehlungen bzw. Leitfäden zu einzelnen Aspekten publiziert. Dabei liegen die Schwerpunkte auf der medizinischen Versorgung von Müttern, Neugeborenen und Kindern, Gesundheitsförderung, psychischer Gesundheit und gesundem Älterwerden. (APA, 21.1.2019)