Bild nicht mehr verfügbar.

Qatar Airways ist ein gern gesehener Gast auf den Flughäfen der Türkei.

Foto: Reuters/Sezer

Wirtschaftlich steuert die Türkei auf harte Zeiten zu: Die Währung ist eingebrochen, die Inflation liegt bei 20 Prozent, und internationale Anleger verweigern dem Land gerade, was es am nötigsten braucht: Investitionen. Eine Ausnahme bildet das Emirat Katar. Mit dem pflegt Ankara seit einiger Zeit eine besondere Freundschaft. Als die türkische Währung im August einen Tiefpunkt erreichte, half Katar zum Beispiel mit 15 Milliarden US-Dollar nach, die in die darbende Immobilienbranche investiert wurden. Für den türkischen Präsidenten Tayyip Erdoğan gab es ein persönliches Geschenk: einen Privatjet im Wert von 500 Millionen US-Dollar.

Nun aber geht es ans Eingemachte – und damit zu weit. Zumindest ist die türkische Opposition dieser Meinung: Ende Dezember gab Erdoğan bekannt, einen Teil der staatlichen Panzerfabrik privatisieren zu wollen. Die Ausschreibung sollte eigentlich ein Jahr lang laufen. Doch schon drei Wochen später stand der Käufer fest: 49,9 Prozent der Anteile gehen an BMC, ein türkisch-katarisches Gemeinschaftsunternehmen. Wie viel BMC tatsächlich für die Anteile bezahlt hat, steht noch nicht fest. Zunächst sollen rund 50 Millionen Dollar in die Modernisierung der Fabrik investiert werden. Das gesamte Investitionsvolumen über mehrere Jahre aber wird auf 15 bis 20 Milliarden Dollar geschätzt.

Geld zur rechten Zeit

Das Geld kommt zur rechten Zeit: Ende März finden in der Türkei Kommunalwahlen statt – die letzten großen Wahlen in den kommenden fünf Jahren. Für die klamme Regierung also genau der richtige Zeitpunkt, um die eine oder andere Bilanz zu schönen und Wahlgeschenke zu verteilen.

Die größte Oppositionspartei CHP kritisierte den Deal, da er nationale Sicherheitsinteressen gefährde. In der Fabrik wird auch der Altay produziert, der Vorzeigepanzer der türkischen Armee. Das Vehikel aus eigener Produktion soll mittelfristig den deutschen Leopard ersetzen und später auch exportiert werden. Langfristig will die Türkei damit und mit dem Atak-Hubschrauber zu einem Exporteur von Militärtechnologie werden.

Was aber, fragt ein CHP-Abgeordneter, wäre wohl, wenn die Katarer sich dazu entscheiden, ihre Anteile zu verkaufen? Zum Beispiel an Griechenland? Oppositionsführer Kemal Kiliçdaroğlu kritisierte zudem, dass das Ausschreibungsverfahren nicht transparent und fair abgelaufen sei.

Erdoğan winkt ab: Es handle sich um einen Leasingvertrag für 25 Jahre, der bringe Milliarden und Arbeitsplätze. Pikant ist, dass BMC-Eigentümer Ethem Sancak AKP-Präsidiumsmitglied ist und die Firma einst für ein Schnäppchen vom Staat kaufte, nur um anschließend die Hälfte der Anteile an Katar zu verhökern.

Die Türkei und Katar verbindet aber nicht nur eine strategische Partnerschaft: Beide Regierungen fühlen sich ideologisch der Muslimbruderschaft nahe, was sie in Gegnerschaft zu Saudi-Arabien und dessen Verbündeten bringt. Mittlerweile ist Erdoğan auch privat bestens mit der Familie des Emirs befreundet. Die Katarer waren mit Aserbaidschan die Ersten, die Erdoğan 2016 zur Niederschlagung des Putsches gratulierten.

Blockadebrecher Ankara

Die Freundschaft zwischen Ankara und dem Emirat intensivierte sich weiter, nachdem Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate 2017 eine Blockade gegen Katar verhängt hatten. Das Emirat ist seitdem von seiner einzigen Landverbindung nach Saudi-Arabien abgeschnitten und wird über die Luft und das Meer versorgt. In die Bresche sprangen türkische Unternehmen. Sie dominieren heute vor allem den Lebensmittelmarkt und die Baubranche. Katar exportiert vor allem Flüssiggas und legt seine Überschüsse gern in türkischen Immobilien an. Der Handel zwischen beiden Ländern wuchs 2018 um über 50 Prozent auf zwei Milliarden Dollar.

Auch unterhält Ankara die einzige türkische Auslandsmilitärbasis in dem Emirat mit einer Kapazität für rund 5.000 Soldaten. (Philipp Mattheis aus Istanbul, 22.1.2019)