Entscheidungen um staatsnahe Postenbesetzungen wie jene um Sonja Klima als neue Chefin der Spanischen Hofreitschule bringen das Thema der Personalqualität in Politik und Wirtschaft ins Zentrum des öffentlichen Interesses. Jungen Menschen wird suggeriert, dass es wichtig ist, in der Schule brav zu lernen, eine gute Ausbildung zu machen und wenn möglich ein am Arbeitsmarkt gefragtes Studium zu absolvieren. Was sagt man den Heranwachsenden nun, wenn sie sehen, dass es oft nur um die richtigen Kontakte und ein dementsprechendes soziales Netzwerk geht? Oder dass Faktoren wie Kompetenz, Qualifikation, Leistung und – böse ausgedrückt – Intelligenz anscheinend nicht so viel wert sind, wie uns manche Autoritäten weismachen wollen? Ist die alte Geschichte von Fleiß, Disziplin und Leistung die gerade von neokonservativen Kräften propagiert wird gar eine Chuzpe?

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Sonja Klima wird neue Hofreitschul-Chefin. Obwohl sie nach internen Kernkriterien weniger geeignet war als andere Kanditaten. 

Die Mär von der Leistungsgesellschaft

Wie eine neue Generation an oft sehr gut ausgebildeten Personen als neues Prekariat beweist, ist die reine Qualifikation nicht mehr ausreichend, um einen sozialen Aufstieg zu erreichen. Was denken sich die Bürger nun, wenn sie wieder einmal mehr erfahren müssen, dass Person X mit Parteibuch Y oder Mitglied des Netzwerkes Z einen vielbegehrten Posten ergattern konnte? Dass auf diese Weise Prozesse einer Objektivierung durch beispielsweise Hearings, Assessment-Center und Co ad absurdum geführt werden, muss nicht erwähnt werden. Bei dem definierten Thema ist nicht eine Partei alleine betroffen, sondern setzt dieses Phänomen sich wie ein Virus über nahezu alle politischen Lager bis hin in die mehr oder weniger private Wirtschaft im kleinen Österreich fort.

Bonzen und Privilegienritter

Jörg Haider ist einst mit großem Pathos aufgetreten, um im österreichischen Politsystem mal so richtig aufzuräumen. Von den Bonzen und Profiteuren in den staatsnahen Betrieben und deren Misswirtschaft war hier in nahezu endloser Dauerschleife die Rede. Vollmundig wurde den begeisterten Anhängern eines New Deals verkündet, wie ab jetzt Experten und Fachleute anstatt von politischen Günstlingen in relevante Schlüsselpositionen gerückt werden. Die Praxis sah wie so oft anders aus.

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Welches Signal senden wir an die Jugend?

Viel wichtiger als das kleinkarierte politische Gezanke um den einen oder anderen Posten ist die Frage, welches Signal wir an die heranwachsenden Generationen senden. "Leistung muss sich lohnen" ist ein oft von wirtschaftsliberaler und konservativer Seite beanspruchtes Leitparadigma. In diesem Kontext ist es umso wichtiger, dass sich die erbrachte Leistung im Sinne der Chancengleichheit für alle, ob Männer, Frauen, Jung oder Alt, gleichermaßen bezahlt machen sollte.

Dies wäre ein positives Zeichen an die heutige Jugend, die sich in dem beschriebenen Zusammenhang manchmal nicht ganz zu Unrecht fragt, warum sie etwas lernen soll. Das hat nicht immer nur mit einer pubertären Rebellion oder Faulheit zu tun. Junge Menschen sind durchaus in der Lage – Politikinteresse hin oder her – für sie relevante Fakten zu decodieren. Unabhängig davon formt Leistung den Charakter und trägt somit zur Persönlichkeitsentwicklung bei. Gerade in Zeiten der austauschbaren Casting-Politik trotz antiquierter Anmutung ein nicht ganz so schlechter Ansatz.

Ist die Personalqualität messbar?

Kurze Antwort "Ja" – aber immer mit einer gewissen Unschärfe. Kerndimensionen in einer guten Personalauswahl sind neben biografischen Daten wie Abschlüssen und Zeugnissen die Persönlichkeit, soziale Kompetenz und Problemlösungsfähigkeit der Kandidatinnen und Kandidaten. In guten Objektivierungsverfahren wird vor jedem Hearing oder Assessment Center vorerst ein Anforderungsprofil für den jeweiligen Posten erstellt. Auf der Basis von ebendiesem werden dann konkrete Kriterien (Fachkompetenzen, kognitive Voraussetzungen sowie soziale Skills) definiert, welche mit verschiedenen Methoden operationalisiert werden sollen.

Im Fall der Spanischen Hofreitschule fand dem Vernehmen nach ein Hearing der Bewerber nach bestimmten Kernparametern statt. Jedoch ergab die Feststellung eines Beiratsmitglieds, wonach Klima die vorher definierten Kriterien zu wenig erfüllt hat, im Nachhinein eine schiefe Optik. Ferndiagnosen sind am Beispiel von Klima nicht fair und sie sollte nicht von Anfang an abgeurteilt werden. Jedoch wäre ein absolut transparenter Auswahlprozess (Was wurde warum und vor allem wie bewertet?) für alle Beteiligten von Vorteil. Die Akzeptanz der Entscheidung würde dann auch höher ausfallen.

An die neue Bundesregierung sei die Bitte im Sinne Österreichs gestellt, dass nicht brave Anpassung und das "Radfahrerprinzip", sprich nach oben buckeln und nach unten treten, zählt sondern wirklich die Bemühung um Leistung. Genau so findet gerade in gut geführten Unternehmen Personalauswahl und Personalentwicklung jenseits von politischen Präferenzen statt. Am Ende profitiert die gesamte Gesellschaft davon. (Daniel Witzeling, 28.1.2019)