Täglich verkünden die Herolde von EU-Kommission und Regierungen der EU-27 ihr jüngstes Mantra zum Brexit: Der Deal, den sie mit Premierministerin Theresa May abgeschlossen haben, sei nicht mehr verhandelbar. Man sei eine vereinte Front, die Briten sollten endlich sagen, was sie wollen. Punkt. Ende der Debatte um Backstop und Irland. Das klingt überzeugend stark.

Man sollte darauf nicht viel geben. Bis Ende März – dem Austrittstermin – ist noch viel Zeit. Die EU-27 werden nachgeben müssen, schon aus Eigeninteresse. Sturheit ließe nur Verlierer übrig. Ohne Lösung würde die EU-Wahl im Mai im Brexit-Chaos versinken. An einem No-Deal-Brexit würden die Briten generell zwar am meisten leiden, stark beschädigt würden aber auch das kleine EU-Mitglied Irland und seine Bauern mit ihren Riesenexporten ins Königreich; oder die Niederlande mit ihren Häfen und Banken; französische Fischer ohne Fangrechte in der Nordsee.

Es war bisher vernünftig, wenn sich die 27 EU-Staaten hinter Chefverhandler Michel Barnier versammelt haben. Nach Mays Scheitern im ersten Anlauf ändert sich das Spiel, wie so oft in der EU-Geschichte: Auch die EU-Verträge von Maastricht und Lissabon waren im ersten Anlauf gescheitert. Jetzt müssen die Regierungschefs ran. Bevor es crasht, muss nachverhandelt, neu formuliert, Geld draufgelegt, muss ein Kompromiss gefunden werden. So – und nur so – hat das gemeinsame Europa immer funktioniert. (Thomas Mayer, 22.1.2019)