Ab einer gewissen Größe ist die Wirtschaftskammer flexibel – sogar bei den Mitgliedsbeiträgen.

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Mit der vom früheren Wirtschaftskammerpräsidenten Christoph Leitl angestoßenen Kammerreform wurde die Bemessungsgrundlage für die von allen Mitgliedsbetrieben zu zahlende Kammerumlage 1 (KU1) gesenkt. Seit Jahresbeginn 2019 beträgt der quartalsweise abzuführende Pflichtmitgliedsbeitrag je nach Umsatz 0,29 bis 0,25 Prozent (ab einer Bemessungsgrundlage größer als 32 Millionen Euro). Von der Bemessungsgrundlage auszuscheiden sind außerdem Vorsteuern, die auf Investitionen in das ertragsteuerliche Anlagevermögen entfallen.

Der in Graz groß auf Expansionskurs fahrende kanadische Magna-Konzern, der in den vergangenen Monaten tausende Mitarbeiter gesucht und angestellt hat, bekam darüber hinaus von der Bundeswirtschaftskammer (WKO) eine Extrawurst gebraten. In der Sitzung des etwa 30 Mitglieder zählenden erweiterten WKO-Präsidiums am 28. November wurde nämlich beschlossen, die Bemessungsgrundlage der KU1 für Fahrzeug-Assemblierer um 75 Prozent zu reduzieren. Damit wird eine 2017 und 2018 probeweise gewährte, befristete Besserstellung für die früher von Gründer Frank Stronach kontrollierte Magna verlängert, diesfalls auf unbefristete Zeit, wie Mitglieder des Präsidiums auf STANDARD-Anfrage bestätigen.

Ausnahmen auch für andere

Über die Höhe der Beitragsermäßigung in absoluten Zahlen schweigt man sich in der Kammer aus. Betont wird allerdings, dass nicht allein Magna begünstigt wird, sondern alle im Geschäftszweig "Fahrzeug-Assemblierung" tätigen Unternehmen. Es gebe auch andere Ausnahmen, sagt ein Präsidiumsmitglied, das nicht genannt werden will, mit Verweis auf eine ähnliche Sonderregelung für Unternehmen im Handel mit Mineralöl. WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf war am Dienstag für eine Stellungnahme nicht erreichbar, er sei auf Auslandsreise. WKO-Finanzchef Herwig Höllinger war terminbedingt nicht da.

Über die sachlichen Gründe für die Bevorzugung von Autozulieferern gibt die dem STANDARD zugespielte Tagesordnung des Erweiterten Präsidiums vom 28. 11. 2018 Aufschluss: "Bei den Mitgliedern des Fachverbands Fahrzeugindustrie, die dem Berufszweig der Kraftfahrzeugindustrie zugeordnet sind, sind bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der KU1 (...) jene Umsatzsteuerbeträge, die im Geschäftszweig der Fahrzeug-Assemblierung auf den vom Kunden bestimmten Materialaufwand entfallen, der im Wesentlichen ohne Aufschlag weiterverrechnet wird und lediglich einen Durchlaufposten ohne Wertschöpfung darstellt, um 75 Prozent zu kürzen."

Mega-Umsätze, kleine Gewinne

Heißt auf gut Deutsch: Der Zusammenbau von Kfz oder Fahrzeugteilen bringt Mega-Umsätze, aber vergleichsweise kleine Gewinne, weil die Auftraggeber die eingesetzten Materialien meist ebenso vorgeben wie Art und Umfang der Teile, die bei bestimmten Marktteilnehmern zu beschaffen sind (liegt auch an strengen Gewährleistungs- und Haftungsbestimmungen der Autohersteller). Das wiederum führt dazu, dass für Vorsteuerbeträge Kammerumlage zu entrichten sei, "obwohl die Weiterverrechnung mit keinem oder nur mit einem sehr geringen eigenen Wertschöpfungsaufschlag (Gewinnmarge) erfolgen kann", wie es weiter heißt.

Gegen diesen von Wirtschaftsbund (ÖVP), Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender und dem Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband beschlossenen Antrag stimmte einzig die Grüne Wirtschaft. Deren Bundessprecherin Sabine Jungwirth würdigt Magna als wichtigen Leitbetrieb: "Aber die Großen werden ohnehin häufig kräftig über den Fördertopf subventioniert, da sind Sonderermäßigungen unangebracht", sagt Jungwirth unter Verweis auf 47,8 Millionen Euro an Förderungen seitens der Steirischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (SFG) für die Magna-Gruppe von 1997 bis 2012, die von 2011 bis 2013 um 13 Mio. Euro seitens des Wirtschaftsressorts aufgedoppelt wurden. Förderungen durch Forschungsförderungsgesellschaft und AMS-Stiftung seien da noch nicht inkludiert, rechnet die grüne Kammerfrau vor. "Wenn gleichzeitig in der Steiermark Klein- und Mittelbetriebe in Gewerbe, Handwerk und Gastronomie händeringend nach Fachkräften suchen, ist zu hinterfragen, warum Bund und Land in Tateinheit nur in eine Richtung investieren." (Luise Ungerboeck, 22.1.2018)