Ein Film, der noch heute als eine Art Geschichtsurkunde einen Sonderstatur genießt: Liam Neeson (mitte) in "Schindlers Liste".

Foto: UPI

In den 25 Jahren seit seiner Veröffentlichung hat Steven Spielbergs Schindlers Liste eine merkwürdige Karriere durchlaufen: Von Beginn an schienen die Kriterien für einen normalen Film außer Kraft gesetzt zu sein, alles lief schnell auf eine Geschichtsurkunde hinaus, die nicht nur im Schulbetrieb, sondern auch bei allerlei offiziellen Anlässen zum Einsatz kam.

Nun kommt eine digital restaurierte Fassung noch einmal in die Kinos (nur am 27. Jänner, dem Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust), allerdings mit der deutschen Synchronisation von damals, die inzwischen fast noch historischer wirkt als der Film selbst. In der Erinnerung an Stimmen bilden sich eigene Generationenerfahrungen ab, und Peter Färber (der den KZ-Kommandanten Amon Göth sprach) ist in Österreich fast so etwas wie das offizielle Stimmband des ORF, wodurch sich Schindlers Liste mit ganz eigenen Assoziationen anreichert.

Universal Pictures Germany

Der neue Moses

Den Sonderstatus seines Films hat Spielberg selbst mit einer Geste provoziert, die heute fast noch obszöner wirkt: Er ließ die zentralen Figuren zweimal auftreten, einmal in Gestalt von Schauspielern, und schließlich – in Farbe – als die Überlebenden, die ihr Dasein vor der Kamera von Spielberg jenem Oskar Schindler verdanken, der vom Kriegsprofiteur zu einem guten Menschen wird.

Dass Spielberg die Geschichte bis nach Auschwitz brachte, dort aber in der Gaskammer labendes Wasser aus dem Stein schlägt, führt an den kontroversen Identifikationspunkt: Nicht Schindler ist der neue Moses, sondern Spielberg selbst, der Geschichte im Modus der Fiktion nicht dokumentiert, sondern mythisch verdunkelt. (Bert Rebhandl. 23.1.2019)