Die schiitische Moslemgemeinde in Wien wollte auf einem vom iranischen Staat gekauften Grundstück eine Moschee bauen. Abgelehnt. Die Begründung: Der ins Auge gefasste Standort liegt in einem Gewerbegebiet. Eine richtige Entscheidung? Oder eine falsche?

Derzeit gibt es in Österreich für 700.000 Muslime drei Moscheen: in Wien-Floridsdorf, in Imst und in Bad Vöslau. Zum Vergleich: Im kleinen ersten Bezirk in Wien stehen nicht weniger als 22 christliche Gotteshäuser. Das Gros der Muslime versammelt sich zum Beten in mehr oder minder obskuren Lokalen, von denen niemand weiß, wo genau sie sind. Religion im Untergrund. Der Zustand erinnert an die Zeit vor dem Toleranzedikt Kaiser Josephs II., in der es Protestanten und Juden verboten war, ihre Gebetsstätten öffentlich sichtbar zu machen. Beten ja, aber so, dass die Mehrheitsgesellschaft davon nichts mitbekommt.

"Pummerin statt Muezzin" plakatierte einst die FPÖ, und "Daham statt Islam". Man kann davon ausgehen, dass Moscheebauten in Wien und anderswo auf Proteste stoßen würden. Das war vor einigen Jahren auch in Bad Vöslau so, trotzdem einigten sich Stadt und islamische Gemeinde nach einigem Hin und Her auf den Bau einer modernen Moschee mit angedeuteten gläsernen Minaretten in einem eher gesichtslosen Arbeiterviertel. Zur Eröffnung kam der Bürgermeister, Derwische tanzten, und den Einheimischen gefiel es. Heute ist der unauffällige, aber architektonisch attraktive Bau ein allgemein akzeptierter Teil der Kleinstadt.

Wir leben derzeit in einer aufgeheizten Atmosphäre, in der die Regierung, mit dem Innenminister an erster Stelle, alles tut, um zugewanderten wie eingesessenen Muslimen das Leben schwerzumachen. Es wird abgeschoben, Rechte werden aberkannt, es wird verboten, weggesperrt und gestraft, was das Zeug hält. Aber die Muslime sind trotzdem da. Wäre es nicht gescheiter, die Präsenz eines europäischen, demokratiekompatiblen, sichtbaren Islam in Österreich zur Kenntnis zu nehmen und zu fördern, als so zu tun, als ob es diese Weltreligion "eigentlich" nicht geben dürfte?

Sammelpunkt für Extremisten

Wir wollen keine Imame, die von der türkischen Religionsbehörde bezahlt werden. Dafür spricht einiges. Aber wir sorgen auch nicht dafür, dass hierzulande Imame eine solide, europäisch geprägte theologische Ausbildung bekommen. Moscheevereine ohne offiziellen Imam können umso eher zum Sammelpunkt für Extremisten werden. Wir lesen seitenlange Berichte über jede Rauferei, an der Ausländer beteiligt sind. Aber wir hören nichts von den syrischen Ärzten, die in Rekordzeit ihre Diplome auf Deutsch nostrifiziert haben und bereits erfolgreich in hiesigen Spitälern arbeiten. Nichts von der Volksschullehrerin mit Kopftuch, die von österreichischen Eltern inständig gebeten wird, doch ja an der öffentlichen Schule weiterzuarbeiten, weil sie ihren Job so gut macht. Und nichts von den afghanischen Freiwilligen, die in Hilfsorganisationen aufopfernd Dienst machen.

Wer öffentlich sagt oder schreibt, dass der Islam zu Österreich gehört, kann Gift darauf nehmen, dass sofort ein Shitstorm auf ihn oder sie niedergeht. Die Gutmenschen sehen die Wirklichkeit nicht, heißt es dann. Aber die Antigutmenschen ignorieren einen anderen Teil der Wirklichkeit. Etwas mehr Gelassenheit täte uns wohl allen gut. An den türkischen Gemüsehändler und den persischstämmigen Zahnarzt haben wir uns mittlerweile gewöhnt. Vielleicht gewöhnen wir uns eines Tages auch an die Moschee neben der Pfarrkirche im Grätzel. (Barbara Coudenhove-Kalergi, 23.1.2019)