Rom – Ein Gericht in Catania hat eine Genehmigung des italienischen Senats beantragt, ein Verfahren gegen Innenminister und Vizepremier Matteo Salvini wegen Freiheitsberaubung im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsschiff Diciotti einzuleiten. Das berichtete Salvini selbst am Donnerstag auf Facebook. Er habe in diesem Fall seine Macht missbraucht, befanden die Richter.

Im August hatten 177 Migranten nach ihrer Rettung im Mittelmeer tagelang auf einem Schiff der Küstenwache ausharren müssen, weil ihnen der Innenminister die Landung verweigerte. Erst nach massiver internationaler Kritik und nachdem die katholische Kirche in Italien sowie Albanien und Irland sich bereiterklärt hatten, die Migranten aufzunehmen, durften sie an Land gehen. Die Migranten wurden auf mehrere Diözesen in Italien verteilt, doch viele von ihnen tauchten unter.

Senat am Zug

Die Staatsanwaltschaft von Catania hatte sich im November für die Einstellung der Ermittlungen gegen Salvini ausgesprochen, das Gericht will trotzdem gegen den Lega-Chef vorgehen. Jetzt wird der Senat, in dem Salvini als Abgeordneter sitzt, darüber entscheiden müssen, ob ein Verfahren gegen ihn eingeleitet werden soll. Dafür müsste Salvinis Immunität aufgehoben werden.

"Mir drohen zwischen drei und 15 Jahre Haft. Ich werde jedoch weiterarbeiten, um die Sicherheit des Landes zu garantieren und unsere Grenzen zu verteidigen", sagte Salvini am Donnerstag in einem Video auf Facebook. Er witterte ein politisches Komplott hinter dem Richterbeschluss. Der Beschluss sei gefasst worden, nachdem er sich geweigert habe, das Rettungsschiff Sea-Watch 3 mit 47 Migranten an Bord in Italien landen zu lassen.

Anlandeerlaubnis gefordert

20 prominente Hilfsorganisationen – darunter Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen, Oxfam und Save the Children – richteten einen Appell an Italien und die restlichen EU-Länder, ebenjenen 47 Migranten eine sofortige Anlandeerlaubniszu erteilen. Die Migranten, darunter acht Minderjährige, seien Opfer eines "politischen Streits".

Seit Tagen würden die Migranten auf einen sicheren Landehafen warten. Das sei eine Missachtung der wesentlichsten internationalen Gesetze. "Wir fordern von Italien und Europa, dass das Gesetz respektiert wird und dass diese Menschen sofort in einem sicheren Hafen landen dürfen. Die Rettung und der Schutz von Menschenleben müssen absolute Priorität haben", hieß es in einer Aussendung am Donnerstag.

"Die Sea Watch 3 sucht Schutz vor bis zu sieben Meter hohen Wellen, Regen und eisigem Wind", schrieb die Sea Watch am Donnerstag auf Twitter, gefolgt von dem Aufruf: "Europa, wir brauchen einen sicheren Hafen!" Salvini hatte zuvor ausgeschlossen, Menschen von Bord der Sea Watch 3 an Land gehen zu lassen. (APA, 24.1.2019)