"Der eine kriegt den Kopf, der andere den Arsch." Der von Nicholas Ofczarek verkörperte österreichische Kommissar Gedeon Winter bringt die Ausgangssituation auf seine Weise auf den Punkt. Eine bizarr arrangierte Leiche liegt über einem Grenzstein, der Oberkörper in Österreich, die Beine in Deutschland. Für das Nachbarland trifft Kommissarin Ellie Stocker (Julia Jentsch in blutroter Jacke) am alpinen Tatort ein. Es bleibt nicht der einzige Fall, für den sich die unterschiedlichen Temperamente in teils märchenhaftem Ambiente zusammenraufen müssen. Schließlich gilt es einem Serienkiller auf die Spur zu kommen, der seine Taten mit Brauchtum mystisch verbrämt.

Müssen auf der Suche nach einem Serienkiller zusammenarbeiten: Nicholas Ofczarek als Kommissar Gedeon Winter und Julia Jentsch als sein deutsches Gegenüber Ellie Stocker.
Foto: Sky / Wiedemann & Berg Television

Auf den Krampus gekommen

In ihrer Grundkonstellation knüpft die achtteilige Sky-Eigenproduktion an das dänisch-schwedische Erfolgsformat Die Brücke – Transit in den Tod an, das sich ebenfalls um länderübergreifende Ermittlungen zu Verbrechensserien dreht. "Wir wollten aber kein weiteres Remake machen, wie es sie schon in Frankreich und den USA gibt, sondern mit dieser Ausgangsidee eine neue Geschichte mit neuen Figuren erzählen", so Cyrill Boss, der zusammen mit Philipp Stennert für Regie und Drehbuch verantwortlich zeichnet. Mit Der Pass kommt das Thrillerfernsehen auf den Krampus.

Auf diesen Mythos sind die Serienmacher auf der Suche nach mystischen und märchenhaften Elementen gestoßen. Für Boss ein Glücksgriff, weil einerseits "ein visuell wahnsinnig starkes Bild", aber auch perfekt für einen Killer, der sich als Bestrafer einer ungehörigen Menschheit sieht.

"Tatsächlich gibt es in der Kriminalistik immer wieder Mörderfiguren, die Befriedigung daraus beziehen, andere zu erschrecken", verweist Boss auf die Arbeit von Profilern. Ein großer Irrtum der Filmgeschichte indes sei, dass die Mörder einen Plan zu Ende bringen wollten: "Die machen so lange weiter, bis sie gestoppt werden."

Immer wieder werden in Der Pass falsche Fährten gelegt. Schon der Titel verweist nicht nur auf einen wichtigen Schauplatz, sondern eben auch auf die Pass genannte Gruppe aus Krampus, Nikolaus und Engel. Mit Figuren wie Schleppern, Lokalpolitikern und Journalisten schneidet die Serie neben der Polizeiarbeit und der Täterpsychologie eine Fülle an Themen an – vom Flüchtlingselend über die Kritik an klassischen und sozialen Medien bis zum Rechtspopulismus.

Trailer zu "Der Pass": Kommissarin Ellie Stocker.
Sky Österreich

Vieles davon lässt sich über einen bestimmten männlichen Typus erzählen. Boss: "Die Hauptfiguren unserer Serie sind alle Narzissten, die für sich beanspruchen, dass sie eine einfache Lösung dafür haben, wie man mit dieser komplexen Welt umgeht."

Auch Lukas Miko, der zuletzt in Markus Schleinzers Angelo als Kaiser glänzte und jetzt in Der Pass einen zwielichtigen Sektenführer spielt, sieht hier das Kernmotiv der Serie: "Wenn man sich Populisten und gekränkte Narzissten anschaut, ob Trump oder hierzulande, und sieht, wie Angst instrumentalisiert wird, um Menschen an sich zu binden, das ist ein Zeichen unserer Zeit. Es hat mich interessiert, wie das in verschiedenen Facetten durchgespielt wird."

Es sei in großem Maße um die Personenentwicklung, nicht um den Kriminalfall gegangen, bestätigt auch Kameramann Philip Peschlow, der die Bergwelt düster und klaustrophobisch in Szene setzte. Regisseur Cyril Boss: "Wir wollten kein 'Whodunit' machen."

Keine strahlenden Helden

Über den Täter weiß denn das Publikum schon ab Folge drei Bescheid. Dafür bekommt Burg-Star Nicholas Ofczarek Gelegenheit, seinem zynisch-korrumpierten Kommissar Winter neues Leben einzuhauchen, während sein hochmotiviertes Gegenüber Ellie Stocker manche Illusion einbüßt. Ofczarek: "Einen strahlenden Helden von Anfang bis Ende zu spielen, wäre relativ undramatisch."

Trailer zu "Der Pass": Kommissar Gedeon Winter.
Sky Österreich

Enthaltsamkeit war hinsichtlich der Klischees deutsch-österreichischer Mentalitätsunterschiede angesagt. Ofczarek: "Man erkennt die Absicht, wenn man sich da draufsetzt. Mich unterhält das selten."

Um einen Brückenschlag ging es den Machern von Der Pass laut Boss schließlich schon in der grundsätzlichen Konzeption: "Wir wollten eine stilisierte, visuell starke Serie machen, aber mit einem starken Realismusbezug, was die Polizeiarbeit und den Killer betrifft."

Inwieweit das gelungen ist, lässt sich ab Freitag im Bezahlfernsehen überprüfen. (Karl Gedlicka, 25.1.2019)