Da es aus Sicht der Länder kaum Probleme mit Kopftüchern in Kindergärten gibt, sehen sie auch kaum Handlungsbedarf.

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Wien – Die Familienministerin hatte bereits im Sommer 2018 die Stoßrichtung vorgegeben: kein weiterer Ausbau bei den Kindergartenplätzen für die Drei- bis Fünfjährigen und volle Konzentration auf Kinderkrippen oder Tagesmütter für die unter Dreijährigen. Der Motivator heißt "Barcelona-Ziel". Es besagt, dass EU-weit die Betreuungsquote für Kinder dieser Altersgruppe bei 33 Prozent liegen soll. Österreich ist meilenweit davon entfernt, nur Wien übererfüllt die Vorgabe mit 44,2 Prozent.

Auf die Empörung über Juliane Bogner-Strauß' Kürzungspläne – nur die Mittel für die sprachliche Frühförderung sowie die Zuschüsse zum Gratiskindergartenjahr galten zwischenzeitlich als gesichert – folgte ein langes Gezerre ums Geld.

Bund gab nach

Am Ende hat der Bund seine Drohung doch nicht wahrgemacht hat. Aber mehr gab's von seiner Seite letztlich auch nicht: Die Bundesmittel für die Kinderbetreuung betragen wie bisher 142,5 Millionen Euro jährlich, den Rest müssen die Länder selbst kofinanzieren, und so kam man letztlich auf die Summe von 180 Millionen Euro pro Jahr. Die Länder erhöhen dafür ihren Anteil um rund zehn Millionen Euro auf 38 Millionen Euro pro Jahr.

So weit die Zahlen. Am Ende wurde das Ganze noch mit einem Kopftuchverbot verknüpft – zu dessen verfassungskonformer Umsetzung sicherheitshalber die Länder verpflichtet wurden.

Der STANDARD hat nachgefragt, wo es eine solche Regelung bereits gibt. Außerdem wurden die zuständigen Landesrätinnen und Landesräte um Auskunft zur Höhe der Mittel und deren konkrete Verwendung gebeten.

Geldstrafen in St. Pölten

Gleich vorweg: Ein "Kopftuchverbot" wurde bisher nur in Niederösterreich umgesetzt. Im Dezember hat der dortige Landtag beschlossen, dass "das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, die mit der Verhüllung des Hauptes verbunden ist, verboten" ist. Wer sich nicht daran hält, hat mit Sanktionen zu rechnen, die von Ermahnung bis hin zu Geldstrafen reichen. Obergrenze: 440 Euro.

Die Tiroler Landesrätin Beate Palfrader (ÖVP) ist, was dieses Junktim anlangt, gelinde gesagt skeptisch: "Wir prüfen derzeit, was für die Umsetzung dieser Vereinbarung unbedingt notwendig ist", sagt sie und fügt an, dass sie eine Kopftuchregelung "nicht für besonders sinnvoll" halte. Auch Sanktionen für Eltern sind in Tirol eher nicht willkommen, "wir werden uns mehr in Richtung Werte- und Orientierungsleitfaden bewegen", kündigt Palfrader an. In wenigen Wochen soll der Text jedenfalls fertig sein.

Auch in Vorarlberg scheint man in Sachen Kopftuchverbot nicht übermotiviert. Es habe im vergangenen Jahr lediglich "eine Handvoll Fälle gegeben", heißt es. Diplomatischer Nachsatz: "Wir befinden uns derzeit noch in interner Abstimmung und arbeiten am Entwurf." In Wien will man die "erfolgreich praktizierte Vorgangsweise fortsetzen", sprich: Man setzt auf das Gespräch mit den Eltern. Bisher habe das immer zum gewünschten Ziel geführt, nämlich dass Kinder im Kindergarten kein Kopftuch tragen, wird versichert. Nützt Reden doch nichts, wird die zuständige Kontrollbehörde eingeschaltet.

Keine Probleme in Salzburg

"In Salzburg gibt es keine Probleme mit Kopftüchern im Kindergarten", heißt es im Büro von Landesrätin Andrea Klambauer (Neos). Ein Zuwiderhandeln soll zu dokumentierten Gesprächen mit den Pädagoginnen und der Leitung führen. Gibt es keine Einsicht, ist eine "geringe Verwaltungsstrafe" angedacht.

Bei den Steirern wird eine entsprechende Regelung erst erarbeitet. Der Grundsatz lautet: Erst aufklären, dann strafen. Die Deadline für eine solche Regelung ist mehr oder weniger natürlich gegeben: Wer die Mittel für 2018/19 abholen will, muss zuerst die Voraussetzungen erfüllen.

Was die Verteilung der Gelder betrifft, bekommt Wien mit 32,3 Millionen Euro das größte Stück vom Kuchen. Es folgen: Die Niederösterreicher, sie können mit 23 Millionen planen, die Steirer mit 18 Millionen. Oder Salzburg: Hier lässt der Bund rund neun Millionen springen. Bei der Verwendung der Gelder bleibt man lieber unverbindlich. Es gehe um die Sprachförderung, den Ausbau des Betreuungsangebotes und der Finanzierung des verpflichtenden Kindergartenjahrs.

Wohin die Millionen fließen

Am detailliertesten gibt die Tiroler Landesrätin Palfrader Einblick: Von insgesamt zwölf Millionen Euro jährlich sind 4,1 für den Ausbau bei den unter Dreijährigen reserviert, 1,6 Millionen für Sprachförderung. Weitere sechs Millionen Euro werden für das Gratiskindergartenjahr verwendet. Fakt sei, "der Bund finanziert fast nur noch den Ausbau der Krippenplätze", also werde man das fehlende Geld für zusätzliche Angebote für die Drei- bis Sechsjährigen aus der Landeskasse bezahlen müssen.

Palfrader rechnet mit "1,5 bis drei Millionen Euro zusätzlich zur jetzigen Länder-Kofinanzierung pro Jahr". Geld, für das man im Landesbudget 2019 bereits Vorsorge getroffen habe. Investieren will man etwa in gemeindeübergreifende Sammelgruppenprojekte "um wirklich zu einem ganztägigen Betreuungsangebot zu gelangen." (Peter Mayr, Karin Riss, 25.1.2019)