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Wien – Herbert Kickl spricht – und die Vehemenz, mit der er es tut, verleiht seinen Ausführungen etwas Belehrendes. Unter seiner Ägide sei in der österreichischen Fremden- und Asylpolitik im Jahr 2018 eine Neuausrichtung gelungen, weg von "Asyl à la carte" und hin zu einer "Verbindung von Asyl- und Rückkehrverfahren".

Im Jahr 2018 gab es weniger Asylanträge und mehr negative Asylbescheide als im Jahr davor. Bei der Präsentation dieser Zahlen zeigte sich Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) zufrieden.
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Bei den Abschiebungen gebe es eine 47-prozentige Steigerung im Vergleich zum Jahr davor, sagte der FPÖ-Innenminister in einem nüchternen Konferenzsaal der Direktion des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA).

"Erwartungshaltung der Bevölkerung"

"So war die Erwartungshaltung der Bevölkerung – so ist es eingetreten", sagte Kickl vor Journalisten. Ihnen, die am Ende der 40-minütigen Ausführungen am Podium genau drei Fragen stellen durften, gab er einen Rat mit auf den Weg: In umstrittenen Abschiebefällen sollten sie "nicht den Rührstücken der Rechtsvertreter auf den Leim gehen". Die Behörden hätten hier die schlechteren Karten, wegen der "strengen Regeln der Amtsverschwiegenheit".

Abschiebungen seien "Teil des Legalitätsprinzips" und somit auch des "rechtsstaatlichen Prinzips", sagte Kickl. Damit näherte er sich thematisch der Causa prima vom Tag davor an: seinen in Zusammenhang mit Abschiebungen straffälliger Flüchtlinge getroffenen Aussagen über die Missbrauchbarkeit des Rechtsstaats, wenn dieser, etwa durch "alte" und "seltsame rechtliche Konstruktionen ... quasi gegen sich selbst zur Anwendung gebracht" werde.

Nichts Unanständiges

Daher, so Kickl, müsse "das Recht der Politik folgen und nicht die Politik dem Recht". Was an dieser Äußerung unanständig gewesen sein solle, verstehe er nicht, sagte der Minister am Donnerstag am Ende der kurzen Fragerunde. So etwas geschehe doch in jeder Parlamentssitzung, wenn auf Betreiben von Abgeordneten Gesetze novelliert würden.

Davor führten Kickl, der Leiter der neuen Ministeriumssektion Fremdenwesen, Peter Webinger, sowie der frühere Leiter des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl und nunmehrige Gruppenleiter im Innenministerium, Wolfgang Taucher, aus, wie sich die Rechtsanwendung in Sachen Fremde im ersten Jahr eines blauen Innenministers verändert hat.

Abschiebung per Fähre

Der Anteil positiver Asylentscheidungen sei im Vergleich zum Jahr davor auf 35 Prozent zurückgegangen, jener der Asylablehnungen auf 57 Prozent gestiegen. Die Zahl der Ausreisen aus fremdenrechtlichen Gründen, ob letztlich freiwillig oder erzwungen, habe stark zugenommen, auf insgesamt 12.611 Fälle. Zu den davor 14 Destinationen für Abschiebeflüge seien mit Bosnien, Aserbaidschan und Bangladesch drei weitere hinzugekommen, insgesamt habe es 72 Flüge gegeben. Und außerdem, so Taucher: "Wir haben erstmals eine Abschiebung per Fähre nach Nordafrika mit ausgeführt."

Für das neue Jahr kündigte Webinger weitere Änderungen an. Man werde mehr sogenannte Fast-Track-Asylverfahren durchführen, sodass Antragsteller aus sicheren Herkunftsländern in weniger als einem Monat ihren – allermeist negativen – Bescheid erhalten. Mitte des Jahres werde es zudem einen "Schwerpunkt bei der Aberkennung subsidiären Schutzes" geben. Dieser dürfte viele Afghanen, Tschetschenen und Syrer betreffen.

"Gefahr für Demokratie"

Die Kritik an Kickls Rechtsstaat-Aussagen ebbte indes auch am Donnerstag nicht ab. Neos und SPÖ kündigten einen parlamentarischen Misstrauensantrag gegen den Innenminister an. Die Präsidentin der Österreichischen Universitätenkonferenz, Eva Blimlinger, ortete eine "Gefahr für die Demokratie".

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) führte ein klärendes Gespräch mit Kickl: "Klar ist, dass die Verfassung, die Grundprinzipien der Europäischen Union sowie die Grund- und Menschenrechte Gültigkeit haben und dass diese im Regierungsprogramm klar verankert sind", sagte Kurz danach. Was die Abschiebung straffällig gewordener Asylwerber betrifft, prüfe die Bundesregierung alle Möglichkeiten im Rahmen des Rechtsstaats. (Irene Brickner, 24.1.2019)