Schneekugelrund und flauschig: die lammfrommen Enakos.

Foto: Wiener Staatsoper / Michael Poehn

Die Kinderliteratur geht von der großen Astrid Lindgren abwärts dahingehend mit sich selbst konform, dass Konformismus komplett igitt und bäh ist. Individualität soll von klein auf das große Ding sein. Wenn die Süße aber nach der Lektüre von Pippi Langstrumpf auf einer individuellen Schlafenszeit besteht, ist Schluss mit lustig. Träum weiter, Maus!

Auf der Studiobühne der Staatsoper in der Walfischgasse ist nun ein Stück zu sehen, das den krabbelgruppennahen Publikumsschichten (Freundeskreise von Teletubbies bis Prinzessin Lillifee) die süße Weise von der Lust an der Eigenart ins Öhrchen säuselt. Ela Baumann hat zu diesem Behufe die Enakos ersonnen. Die sollen ihr Glück im Gleichsein finden, jede Abweichung wird vom gestrengen Oberenako bestraft.

Putzig und entzückend

Der Chefkontrolleur beschützt das putzige Völkchen dafür vor dem fiesen Anderling – angeblich. Ein gelber Ball bringt Unruhe in den morgengymnastischen Kreis. Els, das verschwundene Kind des traurigen Königs, hilft einigen in Ungnade gefallenen Enakos und öffnet ihnen die Augen. Muss man sich vor dem (oder den) anderen wirklich fürchten?

Florian Angerer hat für Was ist los bei den Enakos? ein bezauberndes Ambiente geschaffen. Heimelig leuchten die Fenster der Schlafwürfel in einer dämmrigen Landschaft. Kugelrund sind die lammfrommen Enakos, Wildecker Herzbübchen und -mädchen in Kuschelweiß und Babyblau. Wie ihre Ärmchen zittern, wenn sie sich aufregen! Das machen die Kinder der Opernschule der Staatsoper auf Anweisung Baumanns (auch Regie) entzückend.

In Elisabeth Naskes Musik dominiert wie bei den Kostümen das Weiche, Flauschige: Querföten, Klarinetten und hyperaktive Xylofone. Andersartiges wird dissonant geschildert, im Verlies machen Atemgeräusche gruseln. Schade, dass Naske die Ode an die Gleichheit zu Beginn leichtfüßig und beschwingt vermusikalisiert. Eine monotonere Ausgestaltung hätte die öde Gleichmacherei besser illustriert und zudem einen Kontrast zum bunten Finale geschaffen.

Beschwingt und begeisternd

Die fünf solistischen Enakos (Emil Lang, Mina Todorovski, Theresa Praxmarer, Maryam Tahon, Diana Michal) machen ihre Sache ganz wundervoll. Ensem blemitglied Igor Onishchenko gibt den fiesen Oberenako mit Verve, verstört aber durch sein Howard-Carpendale-Deutsch (etwa hundertmal "gleisch" statt "gleich").

Auch Dan Paul Dumitrescus Aussprache ist schleißig, immerhin verleiht der Routinier dem König glaubhaft Statur. Charmant: Margaret Plummer als Els. Das Orchester musiziert unter der Leitung von Rick Stengårds recht beschwingt, nur beim Duett von König und Oberenako wird’s tatterig. Begeisterung. (Stefan Ender, 27.1.2019)