Ein Tweet des grünen Politikers Michel Reimon bot für Vizekanzler Strache Anlass zur Klage.

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FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache dürfte nach seiner mäßigen Performance im Prozess gegen Rudolf Fußi die Lust auf Gerichtsauftritte vergangen sein. Bei seiner Klage gegen den grünen EU-Abgeordneten Michel Reimon glänzte der Vizekanzler am Montag jedenfalls durch Abwesenheit. Selbiges galt für Straches Anwalt Michael Rami, der sich von einer Mitarbeiterin seiner Kanzlei vertreten ließ. Stein des Anstoßes war auch diesmal ein Tweet.

Reimon als Strache

Reimon hatte am Tag des umstrittenen Urteils gegen die frühere Grünen-Abgeordnete Sigrid Maurer seinen Twitter-Namen kurzfristig auf "HC Strache" umgestellt und des Vizekanzlers Antlitz als Profilfoto verwendet. Unter dieser Strache-Maskerade schrieb Reimon: "Selbstverständlich muss eine seriös arbeitende Justiz echte Männer davor schützen, dass man mit billigen Tricks ihre Identität missbraucht."

Zur Erklärung: Maurer hatte über Facebook obszöne, frauenfeindliche Nachrichten erhalten und daraufhin den vermeintlichen Absender der Botschaften – einen Bierladenbesitzer – namentlich genannt. Da jedoch nicht hundertprozentig bewiesen werden konnte, wer die Nachrichten verfasst hatte, wurde Maurer wegen übler Nachrede schuldig gesprochen. Das Urteil sorgte für hitzige Debatten in den Medien, so auch auf Twitter. Hinterfragt wurde, wie man sich jemals sicher sein kann, wer hinter einer elektronischen Nachricht steckt.

Satire für "innenpolitische Blase"

Der FPÖ-Chef kann mit diesem Identitätsverwirrspiel nichts anfangen. Er klagt Reimon auf Unterlassung und verlangt von diesem zur Kompensation des erlittenen immateriellen Schadens 5.000 Euro. Überdies sei das Urheberrecht an seinem Foto verletzt worden. Der Grüne kann diese Klage nicht nachvollziehen: "Im Kontext des Maurer-Urteils ist klar, dass der Tweet satirisch gemeint war." Außerdem sei Strache als Chef einer Regierungspartei die politisch relevante Ansprechperson, wenn es um die Rechtslage in Fällen von Hass und sexueller Belästigung im Netz gehe.

Der Richter gibt zu bedenken: "Wenn man nur kurz bei Twitter vorbeischaut, könnte man vielleicht wirklich glauben, dass der Kläger selbst den Tweet veröffentlicht hat." Eine solche Praxis des kurzen Vorbeischauens bezweifelt wiederum Reimon. Sein Tweet sei an eine "innenpolitische Blase" gerichtet gewesen, erläutert Reimon in entwaffnender Ehrlichkeit. In die allgemeine Erheiterung hinein, in die auch Reimons Anwältin Maria Windhager amüsiert einstimmt, charakterisiert er seine Adressaten seriöser: "politisch interessierte Menschen, beispielsweise Journalisten".

Da nach Reimons Befragung keine weiteren Einvernahmen nötig sind, wird die Verhandlung nach einer halben Stunde geschlossen. Die beteiligten Juristen sind sich einig, dass der Fall "rechtlich interessant" ist. Was daraus folgt, wird im April entschieden. Dann soll es laut dem Richter ein schriftliches Urteil geben. (Theo Anders, 28.1.2019)