Die schneebedingte Zwangspause ist ideal, um sein Mountainbike in Schuss zu halten.

Innsbruck – Der diesjährige Winter zwingt zumindest die Bewohner westlicher Landesteile zum Mountainbike-Fasten. Ich kann mich ehrlich nicht erinnern, wann ich zuletzt so lange nicht auf meinen Trails unterwegs war wie heuer. Doch statt zu jammern, kann man die Wartezeit bis zur Schneeschmelze auch mit sinnvollen Dingen füllen – dem obligatorischen Winterservice. Denn Mountainbikes brauchen viel Liebe und Pflege.

Wer das nötige Kleingeld hat, der gibt sein Fahrrad zum Fachhändler und lässt warten. Allerdings heißt das gerade im Winter auch, der muss warten. Wer weder das dazu nötige Geld noch die Zeit (immerhin läuft der Lines-Schneefräsn-Cup) hat, kann vieles in Eigenregie bewerkstelligen.

Cockpitpflege

Beginnen wir bei der Steuerung. Am besten den Lenker abmontieren und alles, was wiederum darauf montiert ist (Griffe, Schalt- und Bremshebel, Schalter für etwaige Dämpferelemente oder automatische Sattelstützen). Sollten Sie tatsächlich Hörnchen am Lenker haben, dann einfach abschrauben und zurück in die 1990er schicken. Ist alles abmontiert, heißt es putzen. Denn über die Monate sammelt sich Dreck an Stellen, die selbst der Kärcher (ja, ich kenne die Diskussion über Hochdruckreiniger am Fully, dennoch ist es Usus) nicht erreicht.

Ist alles geputzt, erfolgt die Sichtkontrolle. Gerade Teile, die großen Belastungen ausgesetzt sind, etwa der Lenker, sollten dabei genau auf Dellen und Risse geprüft werden. Ist alles in Ordnung, können die Komponenten wieder montiert werden. Wobei Brems- und Schaltgriffe nicht zu fest am Lenker sitzen sollten, da die Gefahr besteht, dass sie bei Stürzen leicht brechen oder abreißen. Ideal ist, die nur so festzuziehen, dass sie sich bei einem festen Schlag am Lenker drehen können. Manche Profis kleben übrigens kleine Stückchen Sandpapier auf die Griffflächen der Schalthebel, weil sie so leichter zu bedienen sind.

Auch beim Festschrauben des Lenkers sollten unbedingt die Nm-Vorgaben beachtet werden – vor allem bei Carbon!
Foto: Steffen Arora

Steuersatz als zentrales Element

Bevor der Vorbau wieder am Gabelschaft fixiert wird, empfiehlt es sich, den Steuersatz zu servicieren. Das erfordert aber etwas mehr Zeit und Aufwand. Sollten Sie sich dabei unsicher sein, fragen sie eine Freundin oder einen Freund, die sich damit auskennen, oder nutzen Sie eines der zahlreiche Youtube-Tutorials.

Wenn Sie das Fahrrad vorne hochheben und dann den Lenker nach links und rechts einschlagen, sollte dies ohne merklichen Widerstand möglich sein. Spüren Sie aber ein leichtes Reiben, so deutet das auf Verschleiß in den Lagern des Steuersatzes hin. Das kann recht einfach mit etwas Fett behoben werden.

Wenn nun also der Lenker abmontiert wurde und das Rad im Montageständer hängt, nehmen Sie am besten einen Gummihammer zur Hilfe und klopfen damit auf den Gabelschaft, bis sich die Gabel nach unten aus dem Steuerrohr löst. Vorsicht: Die Gabel mit einer Hand festhalten, damit sie nicht nach unten durchfällt! Dann die Gabel am besten mit einem Kabelbinder oder anderweitig am Rahmen fixieren (dann müssen Sie die Bremsen nicht eigens abmontieren).

Fett ist unser Freund

Nun können Sie am oberen und unteren Ende des Steuerrohres die Lager erreichen, die das Lenken des Rades ermöglichen. Ist das Fett schwarz, so zeugt das von Abrieb und der Notwendigkeit eines Service. Dazu die Lager aus den Lagerschalen nehmen (aufpassen, dass dabei die Kügelchen nicht runterfallen) und mit einem sauberen Tuch vom alten Fett befreien. Ist das passiert, die Kügelchen mittels neuen Fetts wieder einsetzen. Seien Sie dabei nicht sparsam mit dem Fett, es schützt nämlich auch vor Korrosion.

Reinigen sie alle Teile, also auch die Lagerschalen, auf denen sich Fett angelegt hat. Sind die Lager neu gefettet, setzen Sie das Ganze wieder so zusammen, wie Sie es zuvor zerlegt haben. Wichtig ist, beim Auseinandernehmen am oberen Ende darauf zu achten, welche Elemente (oft sind mehrere Ringe oder Lagerdeckel übereinander angebracht) Sie zuerst entfernt haben, damit sie wieder in der richtigen Reihenfolge zusammengebaut werden. Es hilft, bei der Demontage die Teile bei jedem Schritt mit dem Handy zu fotografieren.

Vorsicht beim Festschrauben! Die richtigen Werte für den Drehmomentschlüssel sind meist direkt am Vorbau zu finden.
Foto: Steffen Arora

Schrauben ist Gefühlssache

Ist die Gabel wieder eingesetzt und alle Spacer an ihrem Platz, kommt der Vorbau wieder dran. Dazu ist ein Drehmomentschlüssel hilfreich. Die richtigen Nm für Ihr Modell sollten am Vorbau notiert sein. Hier ist Vorsicht geboten, da die Schrauben schnell abreißen können, wenn man den Vorbau zu fest anzieht. Ich weiß leider aus Erfahrung, was für ein Aufwand es ist, eine dort gerissene Schraube wieder herauszubekommen, ohne den ganzen Vorbau zu ruinieren.

Beim Wiedereinbau ist es zudem wichtig, den Steuersatz nicht zu fest und nicht zu locker sitzend einzubauen. Das erfordert Übung und Gespür. Wichtig ist, dass es weder Reibung beim Lenken gibt, wie oben beschrieben, noch sollte sich der Gabelschaft im Vorbau bewegen können. Ziehen Sie zuerst die Schraube an der Aheadkappe fest, bevor Sie jene am Vorbau anziehen. Oft bedarf es mehrerer Anläufe, bis die perfekte Abstimmung gefunden ist. Es empfiehlt sich, nach der ersten Fahrt noch einmal zu kontrollieren, ob alles sitzt.

Bremsen lösen

Auch bei den Bremsen lässt sich einiges selbst erledigen. Sollten Sie mit mechanischen Modellen, die mit Bowdenzügen funktionieren, fahren, ist die Kontrolle der Bremsseile wichtig. Am besten ist es, sie aus den Kunststoffhüllen zu holen und auf Rost zu prüfen. Ist keiner vorhanden, die Drahtseile großzügig neu einfetten und wieder in die Hüllen einziehen. Zudem ist wichtig, die Spannung der Bremsseile zu prüfen. Das Service hydraulischer Bremsen spare ich hier aus, da es dazu je nach Modell speziellen Equipments bedarf.

Egal ob mechanisch oder hydraulisch, die Bremsscheiben und -klötze gehören bei beiden kontrolliert. Wichtig ist dabei, auf gleichmäßige Abnutzung Zweiterer zu achten. Wenn das nicht der Fall ist, deutet das auf ein Problem bei den Kolben hin. Bei den Scheiben kann einfach mittels Fingerkuppen geprüft werden, ob die Bremsklötze bereits Rillen verursacht haben. Ist das merklich der Fall, die Scheiben wechseln.

Auch beim Centerlock-System immer prüfen, ob die Scheibe fest sitzt.
Foto: Steffen Arora

Bremsen wieder montieren

Außerdem empfiehlt sich eine Kontrolle der Montage der Bremsscheiben. Im Bedarfsfall die sechs Schrauben lösen, reinigen und mit Schraubfix versehen neu einsetzen. Bei Centerlock-Systemen unbedingt auch den Sitz der Scheiben kontrollieren. Ich musste einmal die Erfahrung machen, dass sich eine solche Centerlock-Scheibe während der Abfahrt lösen kann. Plötzlich griff ich am Bremshebel ins Leere. Kein schönes Gefühl. Zum Abschluss, da bei Radlreparaturen immer eine Menge Fett im Spiel ist, die Bremsscheiben gut reinigen.

Löst man auch die Bremssättel vom Rahmen (empfiehlt sich zum Putzen, da sich hier der feine Bremsstaub anlegt), so gibt es einen praktischen Trick beim Einbau, der garantiert, dass man die Sättel mittig und so montiert, dass die Klötze nicht an den Scheiben schleifen. Den Sattel erst locker montieren, dann den betreffenden Bremshebel ziehen, und nun erst den Sattel festschrauben. Funktioniert schnell und einfach.

Die Kette als zentrales Element

Den Ausbau des Tretlagers lassen wir an dieser Stelle aus, da es verschiedene Standards gibt und es hier zu weit führen würde. Zudem ist dazu oft Spezialwerkzeug nötig, das nicht jeder in der Werkstatt hat. Aber trotzdem lässt sich am Antrieb und drumherum einiges selbst machen. Etwa bei der Kette, die unbestritten zu den meistbelasteten Komponenten am Mountainbike zählt.

Mysterium Schaltwerk. Es empfiehlt sich auch eine regelmäßige Reinigung der Kassette.
Foto: Steffen Arora

Eine ausgeleierte Kette ist oft Ursprung vieler Probleme. Sie kann das Schalten beeinflussen und auch zu stärkerer Abnützung der Ritzel führen. Ein Freund hat mir unlängst ein einfaches, aber effektives Werkzeug gezeigt, mit dem sich schnell der Zustand der Kette feststellen lässt: die Kettenverschleißleere. Kostet nur um die 20 Euro und erkennt sofort, ob die Kette zu tauschen ist. Grundsätzlich gilt: Ketten immer gut reinigen und vor allem fetten.

Schalten und walten

Zum Antrieb gehört auch die Schaltung. Hier stoße ich, zugegeben, immer wieder an meine Grenzen. Ich verschlimmbessere regelmäßig meine Schaltungen, wenn ich versuche, ein Problem daran zu beheben. Grundsätzlich gilt es, die korrekte Spannung des Schaltseiles einzustellen, um danach am Schaltwerk das Feintuning vorzunehmen. Angeblich sind die beiden Schrauben mit den +- und –-Symbolen dazu geeignet. Nur ich scheine das nie zu schaffen. Es tut mir zwar leid, aber für genauere Infos zum Schaltwerkeinstellen muss ich Sie an kompetentere Stellen verweisen. Am besten fragen Sie Ihren Fachhändler oder den Schrauberkumpel, den fast jeder im Bekanntenkreis hat.

Für den Bowdenzug an der Schaltung gilt übrigens dasselbe wie zuvor bei der Bremse: rausnehmen, auf Rost prüfen, fetten, wieder einbauen. Um die Lebensdauer zu erhöhen und den Fahrspaß nicht durch unnötige Reibung zu trüben, sollte zudem die Kassette regelmäßig gereinigt werden. Am besten ist es, sie dazu mittels Kettenpeitsche und dem Kassettenabzieher zu demontieren und jedes Zahnrad einzeln zu putzen. Notfalls kann eine alte Zahnbürste auch am Rad Stellen erreichen, an denen sich besonders viel Dreck absetzt.

Bleiben die Kurbeln und Pedale. Erstere am besten abnehmen und reinigen, um sie dann auf etwaige Beschädigungen zu prüfen. Die Pedale sollten Sie überhaupt regelmäßig abschrauben und gut gefettet montieren. Man muss die Pedale nicht fest anziehen, das erledigt sich beim Treten von selbst. Beim Lösen der Pedale gilt die Regel: Auf der rechten Seite des Rades müssen Sie nach links drehen, um die Pedale zu lösen. Auf der linken Seite des Fahrrades wiederum nach rechts. Bei Flats empfiehlt sich auch ein Blick auf die Pins, die man bei Bedarf austauschen sollte, um guten Grip am Pedal zu garantieren.

Pedale müssen viel einstecken und verdienen sich ebenfalls ein bisschen Liebe.
Foto: Steffen Arora

Sattelstütze als Risikoteil

Wie man sich bettet, so liegt man. Ähnliches gilt fürs Mountainbike und seinen Sattel. Die Suche nach dem richtigen Modell ist eine sehr individuell aufs Hinterteil bezogene Sache. Den Service automatischer Sattelstützen lasse ich hier weg. Für die gute alte analoge gilt vor allem über den Winter: Fett, Fett, Fett. Nichts ist tragischer als eine festgerostete Sattelstütze. Sollten Sie schon Probleme haben, ihre zu lösen, hier ein Expertentipp fürs schmale Portemonnaie: Sattel abmontieren und auch sonst alles vom Rahmen nehmen, was grad nicht nötig ist. Dann ab zu einem Kanalgitter und dort das obere Ende der Sattelstütze reinstecken und mit sanfter Gewalt am Rahmen drehen. Geht die Stütze so nicht mehr raus, hilft nur mehr der Schlosser.

Die Reife(n)prüfung

Zu guter letzt kommt die Bereifung dran. Hier gilt es zuerst eine Sichtprüfung zu machen. Sie müssen selbst entscheiden, ab wann ein Mantel bei Ihnen als abgefahren gilt. Als 26er-Fan hab ich derzeit das Luxusproblem, von Freunden regelmäßig ihre alten Reifenbestände überlassen zu bekommen, weil sie auf größere Dimensionen umgestiegen sind. Grundsätzlich verbaue ich neue Reifen vorne, und der jeweilige Vorderreifen wandert dann nach hinten. Das ist mein persönlicher Mantelzyklus.

Zum Winterservice nehme ich die Mäntel ab und kontrolliere die Felgen auf Schläge und lose Speichen. Außerdem werfe ich immer einen Blick aufs Felgenband. Denn dort schlummert ein unerschöpflicher Quell von Patschen. Ist kein neues Felgenband zur Hand, so behelfe ich mir mit herkömmlichem Gewebe-Tape, das in jeder Werkstatt herumliegt. Lockere Speichen mit dem Nippelspanner nachziehen. Aber Vorsicht, nie mehr als eine Vierteldrehung auf einmal!

Sollten Sie keinen Zentrierständer besitzen, so tut es auch eine alte Gabel. Einfach mit dem Schaft im Schraubstock fixieren, links und rechts mit Kabelbindern die Anhaltspunkte schaffen und dann die Felge darin zentrieren. Klappt ganz gut.

Lagerservice den Experten überlassen

Schließlich gilt es noch die Achsen und Lager zu kontrollieren. Wie beim Steuersatz gilt, es sollte kein Reiben zu spüren sein, wenn sich die Felge dreht. Ist das der Fall, so kann es einfach daran liegen, dass die Konusschrauben an den Achslagern locker sind. Die lassen sich recht einfach, oft sogar nur mit den Fingern, nachziehen. Bei gröberen Problemen sollte man Konusschlüssel verwenden oder den Fachhändler beziehungsweise Schraubexperten im Freundeskreis konsultieren. Und wie bei fast jedem Teil gilt vor allem bei der Achse: viel Fett zum Wiedereinbau. Schließlich sollen sich die Reifen drehen.

Bei vollgefederten Mountainbikes wird das Service der Lager im Rahmen mindestens jährlich empfohlen. Doch dazu ist Spezialwerkzeug nötig, weshalb ich es an dieser Stelle ebenfalls auslassen werde. Was man aber auch ohne teures Zubehör problemlos zu Hause machen kann, ist eine Generalreinigung samt genauer Kontrolle des Rahmens auf Risse und Dellen. Vor allem der Hinterbau und das Unterrohr sind anfällig dafür.

Schrauben Sie auch?

So weit meine Checkliste für den kleinen Winter-Bikeservice, den jede Frau und jeder Mann mit wenig Aufwand daheim erledigen kann. Nach getaner Arbeit genieße ich den Anblick des frisch geputzten Radels am liebsten zusammen mit einem kalten Bierchen und guter Musik. So lässt es sich am schönsten von der nächsten Ausfahrt träumen.

Habe ich was vergessen? Oder haben Sie weitere Tricks und Tipps, was man beim Bikeservice beachten soll oder mit wenig Aufwand selbst hinbekommt? Lassen Sie es uns im Forum wissen! (Steffen Arora, 29.1.2019)