Bis zum frühen 18. Jahrhundert gelang den habsburgischen Herrschern mit tatkräftiger militärischer Unterstützung aus dem Heiligen Römischen Reich und den Verbündeten (Venedig, Polen-Litauen, Russland, Kirchenstaat) die Rückeroberung bis dahin unter osmanischer Verwaltung stehender Gebiete in Südosteuropa. Dabei handelte es sich um Territorien in den heutigen Ländern Ungarn, Serbien, Kroatien und Rumänien, namentlich um die "Schwäbische Türkei" (Pécs), die Baranja (Mohács/Mohatsch, Darda/Lanzenau), Syrmien (Osijek/Esseg), die Bačka (Novi Sad/Neusatz) und das Banat (Timișoara/Temeswar).

Siedlungsgebiete der Donauschwaben.
Foto: Public Domain

Habsburger riefen zum Auswandern auf

Diese von Kriegen zwischen der Hohen Pforte und dem Wiener Hof über Jahrzehnte verwüsteten und menschlich dezimierten Regionen sollten aus militärischen und ökonomischen Überlegungen schnellstmöglich wieder nutzbar gemacht werden. Private Grundherren, die Kirchen und später auch der habsburgische Staat warben daher christliche Bauern und Handwerker an, die im Sinne einer merkantilistischen Wirtschaftspolitik diese Regionen aufbauen sollten. Germanisierungsabsichten standen dabei nicht im Vordergrund.

Zahlreiche Aufrufe zur Auswanderung von Nordwest nach Südost ließen nicht auf sich warten, zumal den "Schwaben" – wie deutschsprachige Siedler in Ungarn bereits seit dem Mittelalter genannt wurden – in kaiserlichen Patenten Privilegien wie niedrige Grundstückspreise, erblicher Haus- und Grundbesitz sowie Steuerfreiheit für fünf Jahre zugesichert wurden.

In der Hoffnung auf eine bessere Zukunft zogen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts rund 400.000 Menschen ins "Ungarland". Eine Mehrheit dieser Migranten erreichte ihre neue Heimat in Südosteuropa nach mehrwöchiger Reise – sozusagen in umgekehrter Richtung der heute geschlossenen Balkanroute – über die Donau. Rund 200 Jahre später führten zwei Geografen im Jahre 1923 daher den Begriff "Donauschwaben" für diese Gruppe ein.

Einwanderung schwäbischer Bauern ins Banat.
Foto: aus dem Buch "Donauschwaben"

Kein Gemeinschaftsbewusstsein der Donauschwaben

Doch die Kolonisten waren weder sprachlich noch konfessionell oder sozial einheitlich. Sie besaßen bis weit ins 20. Jahrhundert kein "ethnisches" (oder nationales) Gemeinschaftsbewusstsein und der Kontakt untereinander hielt sich in engen Grenzen. Sinn- und identitätsstiftend waren vielmehr die dörfliche Gemeinschaft, die angestammte Herkunft beziehungsweise der Dialekt, die Konfession und der soziale Status. Misstrauen zwischen schwäbischer Stadt- und Landbevölkerung blieb lange bestehen.

Wie stark ausgeprägt die Animositäten zwischen den Neuangesiedelten bisweilen sein konnten, zeigt das Beispiel des Dorfes Jerking im Komitat Tolna/Tolnau. Dort ließen sich 1717 zunächst Bauern aus dem heutigen Burgenland und in den Jahren 1734/35 Kolonisten aus dem 800 Kilometer entfernten Hessen-Nassau nieder. Die Dorfbewohner bildeten im Ort zwei Gruppen, die sich stark voneinander abgrenzten und in der Kirche stets in getrennten Bankreihen saßen.

Konfessionelle, sprachliche und nationale Segregation

Die deutschsprachigen Kolonisten lebten in Ungarn, im Banat und der "Militärgrenze". Wirtschaftliche und freundschaftliche Kontakte zu ihren anderssprechenden beziehungsweise später andersnationalen Nachbarn ("Serben", "Kroaten", "Rumänen", "Ungarn") gab es sehr wohl, hingegen waren Eheschließungen über Sprach- und Konfessionsgrenzen hinweg auch im 20. Jahrhundert eher die Ausnahme.

Mit dem Ende der Habsburgermonarchie im Herbst 1918 wurden die neuen "Nationalstaaten" Ungarn, Rumänien und Jugoslawien zu den jeweiligen Ansprechpartnern donauschwäbischer Volkstumspolitiker. Diese Elite betrachtete unter den geänderten Bedingungen Kulturpolitik, Schul- und Bildungswesen sowie die Landwirtschaft als zentrale Anliegen.

Wohlhabende Dorfbewohner vor der Kirche in Deutsch-Tschanad.
Foto: aus dem Buch "Donauschwaben"

"Volksdeutsche" profitieren von Hitlers Rassenwahn

Nach der Machtübernahme Hitlers wurden diese völkischen Agitatoren bis zu den späteren 1930er-Jahren schrittweise von nationalsozialistischen "Erneuerern" abgelöst. In den gut zwanzig Jahren zwischen den beiden Weltkriegen hatte sich die national indifferente Gruppe der "Schwaben" zu einer völkisch gleichgeschalteten, teilweise nationalsozialistisch infizierten Gemeinschaft entwickelt.

Während des Zweiten Weltkriegs profitierten zahlreiche "Volksdeutsche", zu denen notgedrungen nun auch die Donauschwaben zählten, in wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht vom Hitler’schen Rassenwahn. Sowohl in deutschen Militärformationen (Wehrmacht, SS-Divisionen) als auch in der zivilen Verwaltung besetzten Donauschwaben bisweilen ranghohe Positionen und beteiligten sich an Kriegsverbrechen in und außerhalb der Region.

Donauschwäbische Soldaten in der Waffen-SS "Prinz Eugen".
Foto: Public Domain

Flucht, Vertreibung und Neuansiedlung nach 1945

Parallel zum militärisch-politischen Rückzug des "Dritten Reiches" und dem Vormarsch der Roten Armee in Südosteuropa änderte sich die Lage der "Volksdeutschen" schlagartig. Evakuierung, Flucht, Deportation zum Arbeitsdienst in die Sowjetunion, Vertreibung, Aussiedlung, Internierung und Ermordung prägten das weitere Schicksal.

Am härtesten traf es wohl die Donauschwaben im kommunistischen Jugoslawien: Unter der Herrschaft Titos waren mindestens 120.000 Personen in Arbeits- und Krankenlager auf dem Gebiet der heutigen Vojvodina interniert. Rund 45.000 Donauschwaben sind in diesen Lagern innerhalb weniger Jahre umgekommen. Auch die neue rumänische, ab Ende 1947 kommunistische Regierung bestrafte "ihre" Deutschen für die Kollaboration mit dem "Dritten Reich" mit Diskriminierung und Enteignung. Aus Ungarn wurden Donauschwaben in großer Zahl vertrieben und massenhaft ausgesiedelt. Grundlage dafür war die auf der Potsdamer Konferenz von den drei Hauptalliierten des Zweiten Weltkriegs (USA, Sowjetunion, Großbritannien) beschlossene und sanktionierte "ordnungsgemäße Überführung deutscher Bevölkerungsteile".

Potsdamer Konferenz der drei Siegermächte.
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Es mag eine historische Zufälligkeit sein, dass viele der geflüchteten, vertriebenen und ausgesiedelten Donauschwaben ausgerechnet in jenen Orten ein neues Zuhause fanden, aus denen ihre Vorfahren einst ausgewandert waren. (Michael Portmann, 30.1.2019)