Der Größenvergleich mit einem Bus lässt vermuten, dass selbst ein Sharknado Mühe hätte, einen Megalodon aus dem Wasser zu hieven.
Illustration: Guillermo Torres. Banco de Imágenes Ambientales (BIA), Instituto Alexander von Humboldt

Swansea – Mindestens 420 Millionen Jahre reicht die Entwicklungsgeschichte der Haie zurück. In diesem immens langen Zeitraum haben die Knorpelfische nicht nur eine ganze Reihe von Massenaussterbeereignissen überstanden, sondern auch eine hohe Arten- und Formenvielfalt hervorgebracht. Darunter waren auch einige Arten mit Riesenwuchs.

Ein internationales Biologenteam hat sich den Stammbaum der Haie nun vorgenommen und eine Reihe von Evolutionsmodellen darüberlaufen lassen. Wie das Team um Catalina Pimiento von der Universität Swansea im Journal "Evolution" berichtet, wurde dabei auf den Zusammenhang zwischen den Faktoren Körpergröße, Ernährungsweise und Thermoregulation fokussiert.

Zwei Varianten

Zwei Spezies aus dem jüngsten Abschnitt der langen Evolutionsgeschichte der Haie stehen dabei prototypisch für die Erkenntnisse, die die Forscher gewannen: der Walhai unserer Tage, der gut 12 Meter lang werden kann, und der eiszeitliche Megalodon, der erst vor etwa 2,6 Millionen Jahren ausstarb und im Schnitt ähnlich groß wurde wie ein Walhai. Fossilienfunde deuten allerdings darauf hin, dass die größten Megalodon-Exemplare sogar 18 Meter Länge erreichen konnten.

Gleichzeitig könnten die Ernährungsunterschiede zwischen zwei Spezies kaum größer sein: Der Walhai ist ein gemütlich dahindümpelnder Planktonfiltrierer, während Megalodon Jagd auf große Beute machte – vor allem auf die Wale seiner Zeit.

Neue Fähigkeiten machen groß

Laut den Forschern handelt es sich bei diesen beiden Spezies um die Endprodukte zweier evolutionärer Pfade. Die Ahnen der jeweiligen Art mussten erst neue Fähigkeiten entwickeln: So veränderte sich bei denen des Walhais das Maul, um zu einem effektiven Filterorgan zu werden.

Und bei denen des Megalodon bildete sich eine Form der Thermoregulation heraus, wie man an seinem heute noch lebenden engen Verwandten, dem Weißen Hai, sehen kann. Es handelt sich dabei um keine echte "Warmblütigkeit" wie bei Säugetieren und Vögeln, sondern nur um eine sogenannte Mesothermie. Die reicht aber immerhin aus, die wichtigsten Organe auch in kaltem Wasser warm zu halten. Ein solcher Jäger schwimmt in der Kälte schneller als ein vollständig wechselwarmes Tier und kann damit besser Beute machen.

Entscheidend ist laut den Forschern jedenfalls die Reihenfolge: Zunächst musste sich diese Fähigkeit herausbilden – und erst danach konnte sich die Art auch in Richtung Riesenwuchs weiterentwickeln.

Nachteile der Spezialisierung

Beide Strategien haben aber auch einen Nachteil, wie Pimiento betont. Die planktonfressenden Walhaie können zwar die Nahrungsressource ausbeuten, die in den Meeren am massigsten vertreten ist. Allerdings nehmen sie heutzutage mit dem Plankton auch Unmengen von Kunststoff-Mikropartikeln auf, was die gemütlichen Riesen laut Pimiento noch ernstlich in Gefahr bringen könnte.

Megalodon wiederum war als absoluter Spitzenjäger der Meere auf große Beute angewiesen. Wird diese – etwa durch Klimaveränderungen – selten, geht es auch dem Superjäger an den Kragen. Und tatsächlich dürfte genau so etwas vor 2,6 Millionen Jahren geschehen sein: Am Ende des Zeitalters des Pliozän verschwand aus noch nicht geklärten Gründen eine ganze Reihe großgewachsener Arten aus den Meeren – und Megalodon mit ihnen. (red, 28. 1. 2019)