Da waren sie – 2014 – noch frohen Mutes, dass die Gemeindefusionen Millionen einbringen werden: Ex-SPÖ-Landeschef Franz Voves und Ex-Vize und heutiger Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer.

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Direkt prophetisch waren seine Worte anno 2013: "Die steirischen Reformpartner verrechnen sich. Sie irren sich, wenn sie glauben, dass durch die Gemeindefusionen die große Kohle in die Steiermark kommen wird, das Ergebnis wird für die Steiermark sehr ernüchternd sein", sagte der ehemalige Präsident des Österreichischen Gemeindebundes, Helmut Mödlhammer, in einem Gespräch mit dem STANDARD.

Was Kritiker wie Mödlhammer von Anbeginn angezweifelt hatten, rechnete die Rechercheplattform Addendum jetzt penibel nach und kam zu dem Schluss: Die von der steirischen rot-schwarzen "Reformpartnerschaft" verordneten Gemeindefusionen sind – zumindest was die Kosten anbelangt – nach hinten losgegangen.

In 97 Prozent aller Fusionsgemeinden sind laut Addendum-Berechnungen die Verwaltungskosten nach der Reform höher als davor. Im Zeitraum von 2013 bis 2015 wurde die Zahl der Gemeinden von 542 auf 287 reduziert. Die Ausgaben für die Verwaltung stiegen dabei pro Kopf vom Jahr 2014 auf 2015 von 537 Euro auf 603 Euro – ein Plus von zwölf Prozent. Im gleichen Zeitraum sind die Kosten bei nichtfusionierten Gemeinden um 1,6 Prozent gefallen. Der Anstieg der Kosten in den Fusionsgemeinden setzte sich auch 2016 und 2017 fort. So hatten sich die Verwaltungskosten pro Kopf in fusionierten Gemeinden stärker erhöht (+1,5 Prozent) als in nichtfusionierten (+0,8 Prozent).

Kein Kommentar von Schützenhöfer

Das landeseigene Joanneum Research hatte ursprünglich für die Landesregierung noch ein Sparpotenzial der Gemeindefusionen von jährlich 41 Millionen Euro ermittelt. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP), der mit Ex-SPÖ-Landeschef Franz Voves die "Reformpartnerschaft" gegründet hatte, will die ernüchternde Bilanz der Gemeindereform auf Standard-Nachfrage nicht mehr kommentieren. Er verweist an die zuständige Abteilung in der Landesregierung.

Dort hatte der Leiter der Gemeindeabteilung, Wolfgang Wlattnig, beim Addendum-Kooperationspartner Kleine Zeitung die Kritik bereits energisch relativiert: Es sei ohnehin nie um Einsparungen an sich gegangen, sondern "es ging darum, Leistungsfähigkeit, Qualität und Wirtschaftlichkeit der Gemeinden zu steigern". Und das sei gelungen.

Aber offenbar nur teilweise, denn nach wie vor klagen Gemeinden darüber, dass die Zusammenlegungen "von oben diktiert" worden seien und sie daher auch nicht optimal funktionierten. Viele Fusionen seien rein nach politischen Ortsgrenzen "am Reißbrett" konstruiert worden und parteipolitisch motiviert gewesen. Ortschaften seien damit umgefärbt worden.

Politisch motivierte Fusionen

Addendum hat nachgerechnet, dass etwa in 30 Fusionsgemeinden Zusammenlegungen zu einer politischen Mehrheitsveränderung führten. 23 vormalige SPÖ-Gemeinden sind zu Ortsteilen einer nunmehrigen ÖVP-Gemeinde geworden. Sieben schwarze Ortschaften zu einer roten.

Warnungen an die Steirer waren auch von ausländischen Experten, die bereits Erfahrungen mit Gemeindefusionen gesammelt hatten, geäußert worden. Der Schweizer Finanzwissenschafter Reiner Eichenberger etwa resümierte eigene Untersuchungen: "Fusionen bringen kaum nennenswerte Einsparungen." Auch der Gemeindeexperte Karl Ulrich Templ aus Baden-Württemberg klärte die Steirer auf: "Zu glauben, dass Gemeindefusionen automatisch eine Region nach vorne bringen, ist ein Irrtum. Und ohne die Bevölkerung einzubinden, macht das alles keinen Sinn." (Walter Müller, 29.1.2019)