Bei der Kandidatenkür vergangenen Samstag schien alles harmonisch – doch intern tobt bei den Neos ein Streit um die Listenzweite.

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Die CIA habe einen Putsch in der Ukraine durchgeführt, die Terroranschläge vom 11. September 2001 seien"unaufgeklärt", und der Bürgerkrieg in Syrien wurde von den US-Amerikanern finanziert: Das sind außenpolitische Meinungen, die man wohl eher nicht mit den Neos verbinden würde – sondern vielmehr mit Verschwörungstheoretikern im Internet. Dennoch hat die Listenzweite für die EU-Wahl, Karin Feldinger, ein Video mit derartigen Inhalten auf Facebook geteilt. "Nehmt euch diese 14 Minuten", schrieb Feldinger über den Beitrag, der einen Vortrag des "Friedensforschers" Daniele Ganser zeigt.

Renommierte Historiker lehnen Gansers Thesen ab. Er stellte etwa in den Raum, dass der Anschlag auf die Satirezeitung "Charlie Hebdo" in Paris ein Angriff unter "falscher Flagge" gewesen sein könnte, ebenso der Absturz des Malaysia-Airlines-Flugs 17 (MH17). In seinen Büchern zitiert Ganser den einschlägigen Kopp-Verlag, er lässt sich von antisemitischen Verschwörungstheoretikern wie Ken Jebsen und propagandistischen Medien wie RT (Russia Today) interviewen. Ganser trat auch schon für den Kopp-Verlag auf.

Unterstützung für Jeremy Corbyn

Nach Hinweisen einiger Nutzer hat Feldinger die Beiträge gelöscht. Auf ihrem Profil finden sich keine anderen verschwörungstheoretischen Inhalte, in früheren Kommentaren unterstützte sie allerdings Labour-Chef Jeremy Corbyn. Allerdings tritt Feldinger im März auch bei den Kommunalwahlen in Salzburg an, und zwar als Bürgermeisterkandidatin mit der Unabhängigen Liste Elsbethen (ULE). Auf deren Facebook-Seite finden sich wiederum Postings, die den Ansichten der Neos diametral widersprechen dürften. Dort wird etwa mit dem Neoliberalismus abgerechnet, außerdem scheinen Zitate von Russia Today übernommen worden zu sein.

"Wie in den sozialen Medien nicht unüblich, gilt für mich auch hier: Teilen heißt nicht zustimmen! Was den konkreten Fall betrifft: Nein, ich teile die 'Theorien' des Herren Ganser nicht und habe mich damit auch nicht weiter beschäftigt", sagt Feldinger über das Posting, das sie mit "Nehmt euch diese 14 Minuten!" bewarb. Sie hält es "für manchmal ganz interessant, sich mit Theorien und Meinungen außerhalb der eigenen 'Blase zu beschäftigen'". Die Neos glauben ihr das und sehen keine inhaltliche Übereinstimmung von Feldingers und Gansers Ansichten, das stehe "gänzlich außer Frage".

Interner Zwist

Feldingers Kandidatur ist intern allerdings umstritten. Bei den offenen Vorwahlen der Neos hatte Stefan Windberger von Bürgern deutlich mehr Stimmen als Feldinger erreicht, das gilt auch für Mitglieder. Der Vorstand sicherte Feldinger durch seine gewichteten Stimmen allerdings den zweiten Platz zu. Die 43-Jährige war erst vor wenigen Monaten nach Österreich zurückgekehrt, zuvor hatte sie zehn Jahre als Unternehmerin in Großbritannien verbracht. Mit ihrer Vorreihung wollten die Neos offenbar im EU-Wahlkampf das Thema Brexit in den Vordergrund rücken. (fsc, 29.1.2019)