Das 9 Kilogramm schwere Ungetüm namens "Apollo Sample 14321", vulgo "Big Bertha".
Foto: NASA/Johnson Space Center

Sollten die Analysen stimmen, dann haben Forscher kürzlich eine ziemlich sensationelle Entdeckung gemacht: Denn sie konnten vermutlich die ersten und einzigen Steinchen der Erde nachweisen, die nicht auf der Erde gefunden wurden. Konkret handelt es sich um eine Gesteinsprobe, die das Team der Apollo 14-Mission 1971 vom Mond mitgebracht hatte. Der größte Brocken wog nicht weniger als neun Kilogramm und wurde auf den schönen Namen "Big Bertha" getauft. Wissenschaftlich heißt er etwas nüchtern "Apollo Sample 14321".

Fast 50 Jahre nach dem Fund auf dem Mond versetzen kleine Teile dieses Brockens nun Geochemiker auch noch aus einem anderen Grund in ziemliche Aufregung. Denn wie Forscher um Jeremy Bellucci vom Stockholmer Naturhistoriska riksmuseet (wörtlich Naturhistorisches Reichsmuseum) im Fachjournal "Earth and Planetary Science Letters" berichten, sind die zwei Körnchen des Minerals Zirkon noch dazu der bislang älteste terrestrische Meteorit und zwei der ältesten Steinchen irdischen Ursprungs, die je gefunden wurden.

Analyse mittels Ionen-Massenspektrometer

Konkret nahmen Bellucci und sein Team ein knapp zwei Gramm schweres Fragment, das unter anderem aus Quarz, Feldspat und Zirkon besteht, unter die Lupe bzw. analysierten es mittels Ionen-Massenspektrometrie. Solche Granit-ähnlichen Konglomerate kommen auf dem Mond sehr selten vor, dazu zeigte die genaue Durchleuchtung der Zirkone eine außergewöhnlich hohe Konzentration von Titan, die auf eine Kristallisation unter sehr speziellen Umständen schließen ließ.

Genau solche Umstände haben nämlich auf der jungen Erde vor 4 bis 4,1 Milliarden Jahren in etwa 20 Kilometern Tiefe geherrscht. Am Mond hingegen sind sie sehr viel unwahrscheinlich bzw. wären nur in sehr viel tieferen Schichten möglich.

Elektronenmikroskopische Aufnahmen des Gesteins mit den kleinen Zirkon (Zr), umgeben von Quarz (Qtz) und Feldspat (Ksp).
Foto: Belluci et al. 2019.

Sollten die Zirkone wirklich von der Erde stammen, stellt sich natürlich die Frage, wie sie auf den Mond gelangten – und zwar so, dass sie vor knapp 50 Jahren dort gefunden werden konnten.

Die Forscher vermuten eine ganze Reihe von Zufällen: Zunächst muss ein Meteorit das Gestein aus der jungen Erde geschlagen und in Richtung Mond geschickt haben. Dort prallte der Brocken auf, schmolz mit weiteren Einschlägen teilweise auf, wurde aber zugleich relativ tief unter der Mondoberfläche begraben.

Noch ein weiterer Meteoritentreffer

Doch vor 26 Millionen Jahren kam es zu einem weiteren Meteoritentreffer, der wiederum dafür sorgte, dass sich der Brocken mitsamt den Zirkonen wieder an die Oberfläche bewegte und am Rande des Kraters Cone, der damals geschlagen wurde, seine vorletzte Ruhe fand.

"Big Bertha" (mit weißem Pfeil markiert) am Rande des Kraters Cone im Jahr 1971 kurz vor dem Abtransport.
Foto: Nasa

Dort entdeckten ihn die Astronauten von Apollo 14 1971 und packten ihn ein. Auf dem Bild unten sieht man den Landeort der Mission (der kleine schwarze Punkt links über den kleinen Kratern links unten). Von dort aus führt eine ganz feine schwarze Linie zum großen Krater Cone rechts oben. Das ist der bis heute erkennbare Wanderweg, den die Astronauten von Apollo 14 hinterließen.

Der Weg von der Apollo 14 bis zum Krater Cone, wo der 9 Kilogramm schwere Brocken gefunden wurde.
Foto: NASA/GSFC/Arizona State University

Stimmen die neuen Analysen dieses alten Gesteins vom Mond tatsächlich, wovon auszugehen ist, dann wären die beiden Zirkone in "Big Bertha" also etwas über 4 Milliarden Jahre alt und damit fast genauso alt wie das zweitälteste bekannte Gestein der Erde: die Reste der Idiwhaa-Formation in Kanada, die vermutlich vor 4,02 Milliarden Jahren entstanden sind.

Älter sind nur Zirkone, die in Jack Hills in Westaustralien gefunden wurden. Sie dürften fast 4,4 Milliarden Jahre alt sein. (tasch, 2.2.2019)