Wird zum Gegenstand einer Parlamentsdebatte: Kickl.

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Wien – Über Abwesende soll man nicht schlecht sprechen, den Abgeordneten des Nationalrats blieb am Mittwoch aber nichts anderes übrig: Die Oppositionsparteien SPÖ, Neos und Jetzt brachten einen Misstrauensantrag gegen Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) ein – doch dessen Platz auf der Regierungsbank blieb leer. Kickl musste gar nicht im Parlament anwesend sein, der Antrag zu seiner Absetzung richtete sich nämlich an Bundeskanzler Sebastian Kurz. Der rückte dann auch zu Kickls Verteidigung gegen die Angriffe der Opposition aus.

Anlass für die Initiative sind Aussagen von Kickl, die Interpretationsspielraum ließen, ob der Ressortchef nicht den Ausstieg oder zumindest eine Änderung der Menschenrechtskonvention (EMRK) plant. Kickl hat das mittlerweile abgeschwächt – die Opposition nimmt ihm das Bekenntnis zu den Menschenrechten allerdings nicht ab.

Misstrauensantrag gegen Innenminister Herbert Kickl: Kanzler Sebastian Kurz verteidigt die Regierung.
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Für Alfred Noll (Jetzt) stellt sich der Innenminister mit der EMRK gegen ein Regelwerk, das "ein Zurückschlittern ins Tyrannische" verhindern soll. Wenn Kickl die EMRK infrage stelle, dann stelle er sich gegen dieses Bemühen. Für Noll ist Kickl als Innenminister damit "untragbar".

Kurz ohne Sorge

Kanzler Kurz hielt sich nicht damit auf zu kommentieren, was Kickl mit seinen Aussagen "gemeint haben möchte". Vielmehr wolle er feststellen, was seine eigene Haltung und somit jene der Bundesregierung sei: Ein "funktionierender Rechtsstaat" und eine "ordentliche Gewaltenteilung" seien das Wichtigste, erklärte Kurz, der von der SPÖ-Fraktion mit "Stoppt Kickl"-Schildern begrüßt wurde. "Als Regierung sind wir verantwortlich dafür, die Gesetze zu vollziehen", und das "wird auch von niemandem infrage gestellt".

Natürlich könnten aber "auch auf europäischer Ebene Gesetze geändert werden", erklärte Kurz. Er verwies auf die von Österreich verlangte Senkung der MenschenrechtsStandards bei der Abschiebung straffälliger Asylwerber.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner warf Kurz Mutlosigkeit vor, denn "hätten Sie nur ein bisschen Courage", hätte der Kanzler nicht Kickl angerufen, "sondern wäre direkt zum Bundespräsidenten gegangen", um sich um die Entlassung des Ministers zu bemühen. Ihr Appell an die ÖVP-Abgeordneten, das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat durch eine Absetzung Kickls wiederherzustellen ("Stimmen Sie mit uns!"), verhallte ungehört: Die Koalitionsparteien sprachen Kickl das Vertrauen aus.

Zweite Rücktrittsforderung

Während sich Kurz im Bund um Schadensbegrenzung bemüht, legt die FPÖ noch nach: Dass Justizminister Josef Moser (ÖVP) Kickls Aussagen kritisiert hatte, ist für die burgenländischen Blauen ein Rücktrittsgrund. Es sei inakzeptabel, dass sich Moser "in parteipolitischen Anschüttungen gegen einen sehr erfolgreichen Innenminister" ergehe, sagte FPÖ-Landeschef Johann Tschürtz. Moser sei wegen seiner Kritik an Kickl "rücktrittsreif".

Kickl ist eigenen Angaben zufolge während der Parlamentsdebatte zum Misstrauensantrag nicht untätig geblieben. In einem Instagram- und Facebook-Posting betont er, sich mit Außenministerin Karin Kneissl über erweiterte Rückführungsmöglichkeiten von abgelehnten Asylwerbern nach Syrien unterhalten zu haben.

Der Rechtskurs der Regierung schlug sich am Mittwoch auch in einer Novelle der Straßenverkehrsordnung nieder, die mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und Neos gegen SPÖ und Jetzt beschlossen wurde: In Österreich wird Rechtsabbiegen bei Rot getestet. (sefe, sterk, völ, 30.1.2019)