Der Iran hält sich an das Atomabkommen. CIA-Direktorin Gina Haspel gelangte zu Schlüssen, die der US-Präsident wohl nicht allzu gerne hört.

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Es soll, zumindest aus Sicht des amerikanischen Präsidenten, der außenpolitische Knüller des Winters werden. Noch im Februar will sich Donald Trump ein zweites Mal mit Kim Jong-un, dem nordkoreanischen Machthaber, treffen. Folgt man seiner Einschätzung, ist die nukleare Bedrohung durch Pjöngjang gebannt, seit er sich im Juni in Singapur zum ersten Mal mit Kim traf. Die Chefs seiner Geheimdienste sehen das freilich anders.

Es sei unwahrscheinlich, dass Nordkorea seine Atomwaffen verschrotte, ist in ihrer Bewertung der weltweiten Gefahrenlage zu lesen. Einem nuklearen Arsenal messe die Führung des Landes entscheidende Bedeutung für das Überleben des Regimes bei.

Ebenso schnörkellos sagte es Dan Coats, ein Konservativer alter Schule, der die Arbeit der 16 Geheimdienste koordiniert, als er im US-Senat Rede und Antwort stand. "Derzeit gehen wir davon aus, dass Nordkorea bestrebt sein wird, seine Massenvernichtungswaffen zu erhalten." Zwar verzichte Kim seit einem Jahr auf Atomwaffentests, doch wenn er sich zur Denuklearisierung der Koreanischen Halbinsel verpflichte, sei dies nicht mehr als eine hinreichend bekannte Formel. Wie schon früher knüpfe Nordkorea die nukleare Abrüstung an den Abzug amerikanischer Truppen aus Südkorea, dozierte Coats und widersprach Trump, der Kims vages Versprechen als historischen Durchbruch feierte.

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Eingespieltes Ritual

Einmal im Jahr fassen die Agenten der USA zusammen, wie sie die Weltgefahrenlage einschätzen. Es ist ein eingespieltes Ritual, und keines, das normalerweise für Schlagzeilen sorgt. Der Bericht wird zur Kenntnis genommen, um bald darauf in den Schubladen zu verschwinden. Diesmal ist das anders, allzu markant unterscheidet sich die Analyse von der des Weißen Hauses. Nicht nur in Sachen Nordkorea – sondern auch in puncto Iran-Abkommen.

Während Trump den Kompromiss als einen der schlechtesten Deals der Weltgeschichte charakterisiert, gestehen seine Experten zu, dass er nach wie vor funktioniert. Aktuell tue Teheran nichts, "was wir für den Bau einer Atombombe für notwendig halten", heißt es in dem Report. Iran halte sich an das Atomabkommen, bestätigt Gina Haspel, die CIA-Direktorin. "Rein technisch betrachtet erfüllen sie es. Doch wir beobachten, dass sie untereinander diskutieren, weil sie den ökonomischen Nutzen, den sie sich von dem Deal erhofft hatten, nicht realisieren konnten." Am Mittwoch war es ihr Vorgesetzter im Oval Office, der von naiver Blauäugigkeit sprach, weil seine Spionagedienste die iranische Gefahr sträflich unterschätzten. "Vielleicht sollten die Geheimen noch einmal zur Schule gehen", twitterte er.

Europa zieht sich zurück

Der Klimawandel, von Trump zu einer Erfindung der Chinesen erklärt, um die amerikanische Wirtschaft zu schwächen, wird nach Einschätzung Coats' den Wettlauf um Ressourcen verschärfen sowie wirtschaftliche Not und soziale Unzufriedenheit schüren. Interessant auch, wie der Republikaner, einst Botschafter in Berlin, die Europäer auf Distanz gehen sieht. Einige Alliierte und Partner strebten eine größere Eigenständigkeit an. Das liege daran, wie amerikanische Sicherheits- und Handelspolitik verstanden werde, skizziert er vorsichtig, was sowohl Trump'sche Zweifel am Sinn der Nato als auch Zollschranken auslösen. Manche Alliierte würden daher neue bilaterale und multilaterale Partnerschaften ins Auge fassen. Nutznießer sei Russland, das noch intensiver versuche, die politischen Institutionen des Westens zu spalten. Im Übrigen hätten sich Russland und China in einer Weise angenähert, wie es seit Mitte der 1950er-Jahre nicht mehr der Fall gewesen sei.

Schließlich der "Islamische Staat": Hatte Trump den US-Abzug aus Syrien mit dem faktischen Sieg über die IS-Terroristen begründet, so warnt sein Geheimdienstkoordinator vor voreiligen Schlüssen. Zwar gebe es im Irak wie in Syrien kaum noch vom IS kontrollierte Gebiete, die Terrormiliz könnte sich aber noch immer auf mehrere Tausend Kämpfer im Nahen Osten stützen, dazu auf Sympathisanten in aller Welt. (Frank Herrmann aus Washington, 30.1.2019)