Karl Fischer auf der Anklagebank als Franz Murer in Christian Froschs Justizdrama "Murer – Anatomie eines Prozesses".

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Rückblick: die Höhepunkte der Verleihung des Österreichischen Filmpreises.
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Mit einer so breiten Streuung wie selten hat am Mittwoch der neunte Österreichische Filmpreis im Wiener Rathaus geendet: Die vier Hauptpreise gingen an vier verschiedene Werke.

Die Preisträger des Österreichischen Filmpreises im Wiener Rathaus.
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Als bester Film wurde der achtfache Nominierungskönig "Murer – Anatomie eines Prozesses" von Christian Frosch gewürdigt – der ansonsten aber lediglich in der Sparte der Nebendarstellerinnen mit Inge Maux einen weiteren Preis einheimsen konnte. Dafür wurde Wolfgang Fischer mit seiner Fluchtparabel "Styx" zum besten Regisseur gekürt und konnte mit Drehbuch (Fischer und Ika Künzel) und Schnitt (wie im Vorjahr Monika Willi) auch seine zwei übrigen Nominierungen in Auszeichnungen verwandeln.

Wolfgang Fischer wurde als bester Regisseur ausgezeichnet und bedankte sich via Videoeinspielung.
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Bei den Hauptdarstellerinnen konnte sich die 87-jährige Ingrid Burkhard für ihre Rolle in "Die Einsiedler" über den Sieg freuen, während bei den Herren Laurence Rupp für seinen Auftritt "Cops" die Auszeichnung erhielt.

Ingrid Burkhard konnte sich über die Auszeichnung als beste Hauptdarstellerin freuen.
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Laurence Rupp wurde als bester männlicher Hauptdarsteller ausgezeichnet.
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Sein Kollege Anton Noori komplettierte in der Nebendarstellerriege den Erfolgslauf des Polizistendramas "Cops", das auch noch in der Tongestaltung triumphierte.

Ruth Beckermann nahm für "Waldheims Walzer" den Preis für den besten Dokumentarfilm entgegen.
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Das siebenfach nominierte Historienessay "Angelo" von Markus Schleinzer kam auf drei Auszeichnungen – allerdings nicht in den Hauptsparten, sondern bei Kostüm, Maske und Szenenbild. Und schließlich durfte sich Ruth Beckermann, die es mit "Waldheims Walzer" nicht auf die Shortlist für den Auslandsoscar geschafft hatte, zumindest über den Österreichischen Filmpreis in der Dokumentarsparte freuen.

"Die ÖVP ist von Waldheim auf Waldhäusl gekommen"

"So lange man etwas sagen darf, muss man jede Gelegenheit nutzen", gab die gewohnt engagierte Filmemacherin in ihrer Dankesrede wie viele Preisredner die politische Tonalität des Abends vor. Ein Jahr nach der Angelobung der Regierung lasse sich konstatieren: "Die ÖVP ist von Waldheim auf Waldhäusl gekommen – vom Heim zum Häusl." Zugleich müsse man der Wahrheit ins Auge schauen: "Die Mehrheit der Österreicher hat diese Regierung gewählt und steht noch immer hinter ihrer menschenverachtenden Politik. Es soll nur nie irgendwer sagen, er hätte von nichts gewusst."

Dass beim Österreichischen Filmpreis die Uhren anders ticken, hatte das Moderatorenduo Caroline Peters und Nicholas Ofczarek bereits zum Auftakt deutlich gemacht, beruhigte man doch die 77 Nominierten: "Nehmen Sie sich so viel Zeit für Ihre Dankesreden, wie Sie wollen." Man werde auch eine noch so "affenartig lange Danksagung" nicht unbrechen, versuchte Peters die "waidwunden Rehe" der nervösen Kandidaten zu beruhigen.

Auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) replizierte auf die Zeit und bat ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz in seiner Begrüßung, den Abspann bei österreichischen Filmen langsamer laufen zu lassen: "Das ist auch eine Frage des Respekts." Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) wiederum forderte "eine Zivilgesellschaft die aufsteht – früh aufsteht – und die Klappe aufmacht". Diesen Appell – "Klappe Auf!" – trägt auch eine im Vorjahr von den Filmemachern gestartete Aktion, die mittlerweile über 100 politische Kurzfilme auf ihrer Website klappeauf.at versammelt hat und in deren Namen Kameramann Gerald Kerkletz unter stehendem Beifall auf der Bühne zum Engagement gegen die türkis-blaue Regierung aufrief.

"Wir schwimmen auf der Titanic"

In dieselbe Kerbe schlug Martin Pollack in seiner statt des erkrankten Peter Simonischek vorgetragenen Gastrede: "In der nächsten Dekade kann alles passieren – sogar das Schlimmste. Wir schwimmen auf der Titanic." Noch sei Österreich nicht Polen oder Ungarn. Aber die FPÖ steuere in der Regierung in dieselbe Richtung. "So eine Entwicklung dürfen wir nicht hinnehmen", forderte Pollack. "Wir dürfen uns an die Sprache der Niedertracht, der Zerstörung und des Hasses nicht gewöhnen."

Christian Frosch als Regisseur des Hauptpreissiegers "Murer", der sich mit dem Umgang des Nachkriegsösterreich mit der Nazivergangenheit beschäftigt, sagte in Richtung Politik: "Ich danke der Regierung, dass sie das Thema unseres Filmes immer aktuell hält." "Murer"-Produzent Mathias Forberg meinte: "Wir danken der Akademie, dass sie einen Film auszeichnet, der gezeigt hat, wohin ein Land zu driften droht, wenn das Recht der Politik zu folgen hat und nicht die Politik dem Recht."

Ingrid Burkhard sprach sich für Diskurs aus: "Es ist nur so, es hat nicht sehr viel Sinn, wenn wir miteinander reden. Wir sind da einer Meinung. Wir müssen mit den anderen reden." (APA, red, 30.1.2019)