Dieses jüngste Selfie, ein Mosaik aus 57 Einzelbildern, schoss Curiosity am 15. Jänner an den unteren Hängen des Kraters Gale. Forscher nutzten nun Navi-Sensoren des Rovers, um eine gravimetrische Karte des Marsbodens zu erstellen.
Foto: NASA/JPL-Caltech/MSSS

687 Erdentage oder, nach Marskalender, 669 Sol: Für diesen Zeitraum war die Primärmission von Curiosity veranschlagt. Mittlerweile stehen wir bei Sol 2.306. Das Mars Science Laboratory (MSL), so die offizielle Bezeichnung des Rovers, gilt als eine der ehrgeizigsten Planetenmissionen überhaupt. Losgeschickt am 26. November 2011, erreichte Curiosity die Marsoberfläche am 6. August 2012 nach einer spektakulären Landung per "Skycrane", einer komplexen Vorrichtung, die den Roboter aus fast 20 Metern Höhe abgeseilt hat (hier ein Video aus Sicht des Rovers).

Hauptaufgabe von Curiosity sollte es sein, den Marsboden nach chemischen oder geologischen Hinweisen auf vergangenes oder womöglich sogar nach wie vor präsentes Leben zu untersuchen. Mit solchen Spuren rechneten die Forscher am ehesten in Regionen, die in der Vergangenheit mit flüssigem Wasser in Berührung gekommen waren. Aus rund 30 Kandidaten fiel die Wahl des Landeplatzes schließlich auf den 154 Kilometer großen Krater Gale in Äquatornähe südlich der Tiefebenen von Elysium Planitia.

Der Krater Gale hat einen Durchmesser von 154 Kilometern und wird auf ein Alter von 3,5 bis 3,8 Milliarden Jahren geschätzt. Das schwarze Oval zeigt die ursprünglich angepeilte Landezone von Curiosity. Die türkise Linie gibt den bisherigen Weg des Rovers wieder.
Illustr.: NASA/JPL-Caltech/ESA/DLR/FU Berlin/MSSS

Rätselhafter Berg

Der Kratergrund und die Hänge des zentralen Kraterbergs Aeolis Mons, die sich Curiosity seit 2.368 Erdentagen emporkämpft, dürften unter anderem aus Tonmineralen und Sulfaten bestehen, die möglicherweise unter dem Einfluss von Wasser entstanden sind. Ein besonderes Rätsel stellt dabei Aeolis Mons selbst dar, den die Nasa informell Mount Sharp getauft hat.

Seine Spitze erhebt sich 5,5 Kilometer über die Ebene und liegt damit höher als der Kraterrand, was ungewöhnlich ist. Daher vermuteten Planetologen bisher, dass der Gale-Krater vor Jahrmilliarden bis obenhin mit Sedimentablagerungen angefüllt war, die heute auch einen Gutteil des Materials von Mount Sharp ausmachen. Die aktuelle Topografie sei demnach das Resultat eines langen Erosionsprozesses.

Seit 2.306 Marstagen (Sol) bzw. 2.368 Erdentagen kurvt Curiosity auf dem Mars umher. Diese Karte zeigt seine aktuelle Position, eine Region namens Vera Rubin Ridge an den unteren Hängen des zentralen Kraterbergs Aeolis Mons.
Illustr.: NASA/JPL-Caltech/Univ. of Arizona

Gravimetrie mit dem Navi

Doch diese These muss nun in Zweifel gezogen werden: Einem Team um Kevin Lewis von der Johns Hopkins University in Baltimore (Maryland) ist es erstmals gelungen, bodennahe gravimetrische Informationen zu sammeln. Die Wissenschafter werteten dafür Curiosity-Daten aus, die ursprünglich gar nicht für wissenschaftliche Zwecke vorgesehen waren.

Die so erstellte Schwerkraftkarte der von dem Rover in der ersten fünf Jahren abgefahrenen Route basierten auf Messungen der Beschleunigungssensoren und Gyroskope, beides Instrumente, die vor allem der Navigation dienen. Ähnliche, nur freilich weit weniger präzise Sensoren besitzen auch unsere Smartphones.

Die von Curiosity an mehr als 700 Messpunkten festgestellten Variationen im Gravitationsfeld lieferten insgesamt ein für die Forscher überraschendes Bild: Der Untergrund des Gale-Kraters erwies sich als bedeutend weniger dicht gepackt als zunächst angenommen. "Aufgrund bisheriger Untersuchungen schätzten wir die Dichte des Felsgesteins auf 2.810 Kilogramm pro Kubikmeter", sagt Travis Gabriel, Co-Autor der im Fachjournal "Science" erschienenen Studie. Tatsächlich aber sind es nur 1.680 Kilogramm pro Kubikmeter. "Der Kratergrund und die unteren Hänge von Mount Sharp sind demnach unerwartet porös", ergänzt Lewis.

Curiositys Beschleunigungssensoren (graue Linie) und Gyroskope zeigten eine Abnahme der Gravitation, je weiter der Rover den Aeolis Mons emporrollte. Die Daten erlaubten es den Forschern, die Dichte des Untergrunds zu bestimmen – und diese erwies sich als überraschend gering.
Grafik: Kevin Lewis

Die Forscher schließen daraus, dass diese Felsen in der Vergangenheit kaum komprimiert wurden, was jedoch der Fall gewesen wäre, hätte sich hier, der bisherigen These entsprechend, einst eine mehrere Kilometer dicke Sedimentschicht befunden. Hat es im Krater Gale also überhaupt solche mächtigen Sedimentschichten gegeben? Vermutlich ja, allerdings weit dünnere als gedacht; bis zum Kraterrand reichten die Ablagerungen jedenfalls bei weitem nicht, so Lewis. Die Dichtedaten sprechen vielmehr dafür, dass zumindest in dieser Region die Sedimentkruste kaum mehr als einen Kilometer dick war. (Thomas Bergmayr, 31.1.2019)