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Mit einem Ölembargo versuchen die USA Maduro an seiner empfindlichsten Stelle zu treffen.

Foto: Reuters / Carlos Garcia Rawlins

Beim staatlichen venezolanischen Erdölkonzern PDVSA herrscht Hektik: Was passiert jetzt nach Verhängung des Erdölembargos mit den 25 zum Teil schon vollen Tankern an den Entladestationen, die Öl nach China, Indien und Singapur bringen sollten? Was mit den 15 noch zu entladenden Tankern? Während die Zahlungsmodalitäten unklar sind – laut Sanktionen muss das Geld auf Konten der Opposition fließen –, Kunden und Lieferanten zögern und PDVSA Vorkasse verlangt, drohte die Nationalgarde damit, einen Dieseltanker zwangsweise zu entladen. "Wir haben den Befehl, innerhalb von 15 Tagen Alternativen zu finden", erklärte PDVSA-Manager Wills Rangel.

Fieberhaft ist die Suche der Manager nach einem Produkt, das au ßerhalb von Expertenkreisen kaum jemand kennt: schweres Naphtha. Ein Verdünner, den Venezuela benötigt, um sein Schweröl zu verflüssigen, damit es per Pipeline aus den Lagerstätten abtransportiert werden kann. 90.000 Fass täglich braucht die Industrie, ein Drittel der Exporte hängt davon ab. Das Problem: Es gibt für die benötigte Mischung nur sehr wenige Anbieter weltweit, die bisherigen Verkäufer sitzen in den USA und dürfen nun wegen der Sanktionen nicht mehr liefern.

Mannigfaltige Probleme für Maduro...

Ein Tanker, so berichten Fachleute, habe die Naphtha-Entladung am Mittwoch in der venezolanischen Raffinerie von José gestoppt, ein zweiter sei kurz vor Aruba umgekehrt. Gleichzeitig staut sich das geförderte Erdöl in den Tanks der venezolanischen Exporthäfen, denn auch hier herrscht dasselbe Problem: Aus technischen Gründen kann längst nicht jede Raffinerie venezolanisches Öl verarbeiten. Ein weiteres Problem ist die Benzinknappheit, denn Venezuela importiert wegen Missmanagements in seinen eigenen Raffinerien gut die Hälfte des im Land verbrauchten Treibstoffs. Die Vorräte reichen unterschiedlichen Angaben zufolge für 15 bis 30 Tage.

Mit dem Erdölembargo haben die USA ihre schärfste Waffe gegen den sozialistischen Machthaber Nicolás Maduro aufgeboten: Es ist ein direkter Angriff auf die Staatsschatulle. Gut 90 Prozent der Exporteinnahmen stammen aus dem Erdölexport; eine Million Barrel exportiert Venezuela täglich, 41 Prozent gingen in die USA. Die Lieferungen an China (25 Prozent) und Russland sind eine Rückzahlung von Krediten, die an Indien (22 Prozent) werden teils mit Medikamenten bezahlt, die 80.000 Fass an Kuba sind ein Tauschgeschäft für Berater und Ärzte.

... und mit einer US-Tochterfirma

Besonders hart für Maduro ist der Verlust der wichtigsten Niederlassung von PDVSA im Ausland: der US-Tochterfirma Citgo mit drei Raffinerien und tausenden Tankstellen im Wert von ca. sieben Milliarden US-Dollar. Citgo darf zwar weiterhin venezolanisches Öl verarbeiten, aber seine Einnahmen fließen nun auf Konten der bürgerlichen Opposition.

Welche Optionen hat Maduro? Gegen die Konfiszierung von Citgo will er vor Gericht ziehen – ein langer Weg. Seine embargoerfahrenen kubanischen Berater, twitterte die Journalistin Luz Mely Reyes, hätten ihn zum Durchhalten animiert. Sie hoffen, der Druck der Erdölindustrie auf die US-Regierung könne zur Embargolockerung führen, denn US-Firmen wie Chevron und Valero sind von den Sanktionen betroffen.

Aber es gibt noch weitere Möglichkeiten: etwa das venezolanische Schweröl mit importiertem Leichtöl zu mischen, was dann auch für andere Raffinerien in Asien und Afrika verträglich wäre.

Wie das Embargo umgehen?

Eine weitere Lösung ist die Umgehung der Sanktionen. Schon in der Vergangenheit fungierte Kuba als Broker für venezolanisches Öl. Und auch diesmal dürfte es versuchen, über Dreiecksgeschäfte den Schwarzmarkt zu bedienen. Aber das bedeutete – wie auch der Verkauf der US-Quote an China und Indien – deutliche Preisabschläge, meint der Erdölexperte Francisco Monaldi. Hinzuzuzählen wären noch hohe Transportkosten.

Und noch eine Alternative könnte Maduro aus dem Liquiditätsengpass helfen: Gold. Dessen Abbau wurde in den vergangenen Jahren dank Allianzen mit Russland und China forciert. Die Goldreserven der Zentralbank wurden im Gegenzug für Kredite an Schweizer und britische Banken verpfändet. "Das Gold hat die Wirtschaft im vergangenen Jahr gerettet", sagt der Ökonom Asdrubal Oliveros. Die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate gehörten bisher zu den größten Abnehmern. Doch nun fällt auch das Gold unter die Sanktionen.

"Das reicht für drei Monate"

Nach Schätzungen von Oliveros verfügt Caracas derzeit über drei Milliarden US-Dollar für dringend benötigte Importe. "Das reicht für drei Monate." Sollte sich die Hängepartie bis dahin nicht auflösen, werde sich die Versorgungskrise verschärfen. Ob Verbündete wie Mexiko dann einspringen und beispielsweise billig Lebensmittel liefern werden, ist unklar. Ökonomen rechnen für 2019 durch die Sanktionen mit einem Einbruch der Ölproduktion auf 500.000 Barrel täglich und einer neuerlichen Schrumpfung der Wirtschaft um 25 Prozent. (Sandra Weiss, 4.2.2019)