Christian Meidlinger soll laut Staatsanwaltschaft von einer Scheinrechnung gewusst haben, er bestreitet das entschieden.

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Wien – Für die Wiener SPÖ kommen die Vorwürfe gegen ihren Gemeinderat Christian Meidlinger ein Jahr vor der Wien-Wahl und mitten im Kampf um ein überzeugendes Profil denkbar ungünstig. Meidlinger, er ist nicht nur Vorsitzender der Younion-Gewerkschaft, sondern als stellvertretender Chef der Landespartei auch die Nummer zwei hinter Bürgermeister Michael Ludwig, wird vorgeworfen, sich in seiner elfmonatigen Amtsperiode (2012 bis 2013) als Präsident des Österreichischen Schwimmverbandes (OSV) des schweren Betruges schuldig gemacht zu haben.

Mit ihm wurden insgesamt sieben Männer und Frauen angeklagt. Konkret geht es um eine fingierte Rechnung, von der der 55-Jährige laut Anklage gewusst haben soll.

Vorerst kein interner Druck

FPÖ und ÖVP fordern den Rücktritt Meidlingers. Ob es dazu kommt, ist aber äußerst ungewiss. In Gewerkschaftskreisen geht man jedenfalls davon aus, dass vorerst kein interner Druck auf Meidlinger ausgeübt wird, seine Funktionen zurückzulegen. Er selbst hat sich nach Publikwerden der Anklage in einer E-Mail an den Vorstand der Gemeindebedienstetengewerkschaft gewandt und darin seine Unschuld beteuert.

Ein langjähriger Wegbegleiter erzählt, dass Meidlinger auch parteiintern immer "mit offenen Karten" gespielt habe, also auf das anhängige Verfahren hingewiesen habe. Da in der Auseinandersetzung mit dem früheren Finanzreferenten des Schwimmverbandes Aussage gegen Aussage stehe, es aber keine Unterschrift Meidlingers auf der angeblichen Scheinrechnung gebe, geht man in SPÖ-Kreisen davon aus, dass es zu keiner Verurteilung kommen wird.

Abwarten bei den Roten

Allerdings, so der Zusatz eines Genossen: Sollte es nach ein oder zwei Tagsatzungen doch konkretere Hinweise auf Verfehlungen Meidlingers geben, dann werde der Sachverhalt womöglich neu beurteilt. Sprich: In dem Fall könnten die Roten doch noch von ihrem Gemeinderat abrücken.

Grundsätzlich geht man aber davon aus, dass der Fall in wenigen Monaten erledigt sein wird und damit auch nicht zu einer Belastung im Wahlkampf werden kann. Denn laut Plan wählen die Wiener erst 2020 den neuen Gemeinderat.

Bürgermeister hat nichts zu sagen

Christian Meidlinger selbst war für den STANDARD nicht zu sprechen. Für ihn sprang Younion-Pressesprecher Ronald Pötzl ein. Er wiederholte, dass sich Meidlinger nicht nur für unschuldig halte, sondern die Vorwürfe "auf das Schärfste zurückweise". Immerhin sei er "derjenige gewesen, der als Präsident des Verbandes sagte, er will eine Prüfung der Finanzen". Dass die eine besagte Rechnung fingiert war, konnte er nicht wissen, ist sich Pötzl sicher.

Seitens des Bürgermeisters will man die Causa gar nicht kommentieren. Über einen etwaigen Rücktritt oder auch nur das vorübergehende Niederlegen seiner Funktionen könne allenfalls Meidlinger selbst entscheiden, heißt es aus dem Büro Ludwig. Ähnliches lässt die Landesparteizentrale ausrichten. Fast schon ins Verschwörungstheoretische geht eine von mehreren Roten ventilierte Lesart: Sie fragen sich, ob es angesichts der Arbeiterkammer-Wahl Zufall sein könne, dass die Anklage ausgerechnet jetzt gekommen ist. (Günther Oswald, Colette Schmidt, 4.2.2019)