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Olaf Scholz als Kassandra vom Dienst.

Foto: Reuters/Peter

Die Kassandra vom Dienst gab Olaf Scholz schon zum Jahreswechsel. Kaum hatten sich alle nach den Weihnachtsferien wieder in Berlin eingefunden, da erklärte der deutsche Finanzminister: "Die schöne Zeit, in der der Staat immer mehr Steuern einnimmt als erwartet, geht zu Ende."

Zahlen wollte er nicht nennen, doch diese legte Scholz jetzt seinen Kabinettskollegen vor. Bis zum Jahr 2023 fehlen ihm aufgrund geringerer Steuereinnahmen als ursprünglich vorgesehen rund 25 Milliarden Euro.

Bettina Hagedorn (SPD), Staatssekretärin im Finanzressort, formuliert das Fazit des Finanzressorts so: "Das ist der Ruf an die Kollegen, dass die Zeit der ständigen Forderungen ohne gedeckte Schecks vorbei ist. Jetzt steht die Phase der Haushaltsdisziplin an."

Schwarze Null

Denn Scholz will an der schwarzen Null festhalten. Auf diese legt Kanzlerin Angela Merkel großen Wert. Scholz' Vorgänger Wolfgang Schäuble hat daraus so etwas wie ein Markenzeichen gemacht. Seit 2014 wurden keine neuen Schulden mehr aufgenommen, und nun will sich Scholz von den Konservativen nicht nachsagen lassen, "Sozen" wie er könnten nicht mit Geld umgehen.

Begehrlichkeiten gibt es genug. Abgesehen von den laufenden Aufgaben muss etwa der Ausstieg aus der Kohleverstromung gestemmt werden. Kostenpunkt pro Jahr: mindestens 500 Millionen Euro.

Außerdem wird die von Sozialminister Hubertus Heil (SPD) vorgelegte Grundrente für Geringverdiener teuer. In der Union heißt es, man hoffe, Scholz werde Heil jährlich vier bis sechs Milliarden Euro zur Verfügung stellen. Denn Steuererhöhungen und neue Schulden werde man für das Herzensprojekt der Sozialdemokraten nicht machen.

Eigentlich wollen die Koalitionäre auch den ungeliebte "Soli" in dieser Legislaturperiode abschaffen, zumindest für 90 Prozent derer, die sich in der mittleren und unteren Einkommensliga befinden. Den 5,5-prozentigen Aufschlag auf die Einkommensteuer zahlen die Deutschen seit 28 Jahren. Eingeführt wurde er, um die Kosten der deutschen Wiedervereinigung zu finanzieren.

Helmut Kohl lässt grüßen

Scholz will nun die Personalausgaben des Bundes einfrieren, beim Digitalpakt für Schulen, dem Verteidigungs- und dem Entwicklungshilfeetat knausern.

Er hat zudem eine Idee, wie weitere Mittel hereinkommen sollen: durch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes. Wenn für "sehr hohe" Einkommen der Spitzensteuersatz "moderat um drei Prozentpunkte auf 45 anstiege, fände ich das nur gerecht", sagt er und erinnert daran, dass unter CDU-Kanzler Helmut Kohl (1982 bis 1998) der Spitzensteuersatz, der derzeit 42 Prozent beträgt, sogar bei 56 Prozent lag.

Doch die Union ist damit überhaupt nicht einverstanden. "Jede Debatte über Steuererhöhungen ist Gift für die Konjunktur. Sie ist auch sachlich falsch, weil die Steuerquote in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist", sagt Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und verweist auf den Koalitionsvertrag. Darin heißt es: "Wir werden die Steuerbelastung der Bürger nicht erhöhen." (Birgit Baumann aus Berlin, 5.2.2019)