Die weiß gekleideten Kongressabgeordneten machten eifrig Selfies.

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Es war schon etwas ungewöhnlich, hinter US-Präsident Donald Trump die Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi in Weiß gekleidet zu sehen. Trump selbst im schwarzen Anzug, Vize-Präsident Mike Pence hinter ihm ebenfalls. Von den Kameras nicht immer eingefangen, dafür aber für Trump über die volle Länge seiner Rede im Blick: der Block aus Kongress-Frauen, die allesamt komplett in Weiß auf ihren Sesseln saßen. Und dem Präsidenten mit versteinerten Blicken zuhörten. Es war ein stiller Protest. Gegen Trump und seine Politik.

Ungewohntes Bild: Nancy Pelosi (r.) ganz in Weiß.
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Die Suffragetten-Bewegung als Vorbild

Die Farbe Weiß als modisches Statement zu nutzen, geht viele Jahre zurück. Und hat bis heute seine Bedeutung nicht verloren. Vor rund 100 Jahren gingen Frauen in Großbritannien und den USA erstmals einfarbig eingekleidet auf die Straßen. Damals, um für ein flächendeckendes Frauenwahlrecht zu protestieren. Sie leisteten passiven Widerstand, störten offizielle Veranstaltungen und gingen sogar soweit, Hungerstreiks zu halten. Weiß war von Anfang an die Farbe, auf die sich die Suffragetten, wie die Presse sie zu Beginn spöttisch nannten, einigten. Sie sollte unauffällig wirken und doch in der Masse ein Zeichen des Zusammenhalts darstellen.

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Der weiße Block sitzt während der Rede des US-Präsidenten Donald Trump in seinem Blickfeld.
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Prominente Vorreiterinnen

Der Auftritt der weiblichen Mitglieder des Kongresses war allerdings nicht das erste Mode-Statement, das Frauen in der näheren US-amerikanischen Politik gesetzt haben. Als Geraldine Ferraro 1984 als erste Frau in der US-Geschichte als Vize-Präsidentin der demokratischen Partei nominiert wird, trägt sie Weiß. Als Shirley Chisholm als erste dunkelhäutige Abgeordnete in den Kongress einzieht, trägt sie an ihrem ersten Arbeitstag Weiß. Als Alexandria Ocasio-Cortez Anfang des Jahres als jüngste Frau der Geschichte (29) im Repräsentantenhaus eingeschworen wird, trägt sie Weiß.

Alexandria Ocasio-Cortez (r.) bei ihrer Einweihung im US-Repräsentantenhaus.
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Die Frauen im Kongress hatten in ihren weißen Outfits gut lachen.
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Auch Hillary Clinton nutzt das Statement während ihres Präsidentschaftswahlkampf immer wieder. Als Donald Trump in das Amt des US-Präsidenten eingeschworen wird, trägt auch sie Weiß.

Farbe funktioniert

Dass einheitliche Kleidung einen bleibenden Eindruck hinterlässt, hat auch die "Time's Up"-Bewegung gezeigt. Aus Protest gegen gegen sexuelle Belästigung gegenüber Frauen kleideten sich viele Schauspielerinnen auf offiziellen Events ganz in Schwarz. Die gegenteilige Farbe, das gleiche Ziel.

Die Kongress-Frauen ganz in Weiß bekamen dann doch noch ihren großen Auftritt. Als Trump die Rekordzahl der weiblichen Mitglieder des Repräsentantenhauses nennt, sprangen sie auf und jubelten. "Das hättet ihr nicht tun sollen", witzelte er. Es war ihnen egal. (Thorben Pollerhof, 6.2.2019)