Kerzen und Blumen beim Eingang der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn.

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Schreckliche Verbrechen hat das Land Vorarlberg schon einige erlebt, auch in jüngerer Vergangenheit. Sei es die Auslöschung der eigenen Familie durch den Vater im letzten Jahr, den Amoklauf eines Rechtsextremisten von Nenzing 2016 oder die brutale Misshandlung eines Kindes mit tödlichem Ausgang im Fall "Cain". Die Erschütterung nach dem Mord am Leiter der Sozialhilfeabteilung der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn ist besonders tief. Warum?

Die Brutalität der Tat, die Tatsache, dass der Mann ein Aufenthaltsverbot hatte, illegal einreiste, einen Asylantrag stellte und Anspruch auf Mindestsicherung anmeldete – auf freiem Fuß und ungehindert nach Lustenau zu seiner Familie reisen könnend. Das empört, irritiert, macht wütend, je nach eigenem Standpunkt.

Angespannte Debatte

Dann hat man noch im Kopf, dass vor wenigen Wochen Quamar Abbas, ein Flüchtling aus Pakistan abgeschoben wurde, obwohl er unbescholten war, obwohl er eine Lehrstelle hatte, Deutsch konnte, integriert war und von seinem Chef im Restaurant dringend gebraucht wurde. Die, "mit denen dieses Land längst fertig war" (Gerold Riedmann, VN), lässt man herein, jene, die das Land dringend brauchen würde, werden außer Landes geschafft. Versteht das noch irgendjemand, egal welcher politischen Gesinnung?

Der Mörder von Dornbirn, kein klassischer Flüchtling und kein "normaler" Asylwerber, wird Vorarlberg mehr verändern als Abbas. Dieser Mord wird die angespannte und zunehmend undifferenzierte Debatte über den Einheitsbrei "Migranten, Flüchtlinge, Zuwanderung, Integration, Asyl, Islamisierung" verschärfen.

Herz und Verstand

Er bringt, was wir bisher nicht hatten: Personenschleusen und Kontrollen an den Eingängen zu öffentlichen Gebäuden. Er macht Angst bei den Mitarbeitern der sensiblen Behörden, dass so etwas wieder passieren könnte. Er gibt jenen Aufwind, die es "immer schon wussten" (was eigentlich genau?), und verunsichert jene, die eben nicht alle in einen Topf werfen und Menschenrechte für unverhandelbar halten.

Ich würde mir wünschen, dass Vorarlberg auch jetzt nicht verliert, was dieses wunderbare Land in der Vergangenheit immer ausgezeichnet hat, egal ob in der Flüchtlingskrise, den schlimmen Hochwasserkatastrophen oder gesellschaftlichen Veränderungen: Zusammenhalt, Unnachgiebigkeit, Herz und Verstand. Die seit November regelmäßig stattfindenden Sonntagsdemos sind ein Beleg dafür, dass die Menschlichkeit nicht abhandengekommen ist.

Das ist keine naive Hoffnung, sondern die Erkenntnis, dass Unversöhnlichkeit in die Sackgasse führt und Spaltung zur Unmöglichkeit, den Raum vom eigenen zum anderen Lager überbrücken zu können, wenn alles auf dem Spiel steht, nämlich Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. (Johannes Rauch, 8.2.2019)