Edin Ramić (Sturm Graz U18): "Ich weiß, was ich machen muss, um erfolgreich zu werden."

Foto: privat

Pascal Estrada (Wolverhampton Wanderers U18): "Wer nichts opfert, wird keinen Erfolg haben."

Foto: privat

Wien – Um sechs Uhr aufstehen, frühstücken, trainieren, zur Schule gehen, wieder trainieren, früh schlafen gehen. Der Weg nach oben ist nicht leicht, doch Pascal Estrada und Edin Ramić träumen von einem Leben als Fußballprofi und sind auf einem guten Weg dorthin.

Pascal Estrada hat es fast geschafft. Im Juli 2018 unterschrieb der 16-jährige Mittelfeldspieler einen dreijährigen Profivertrag bei den Wolverhampton Wanderers und spielt aktuell für die U18-Mannschaft der Wolves. Von der Linzer Fußballakademie zu den Wölfen auf die Insel. Neues Land, neue Sprache. In Wolverhampton wird Estrada erwachsen. "Bei einem Spiel wurde ein Scout aus England auf mich aufmerksam und ermöglichte mir gemeinsam mit meinem Berater eine Probewoche. Dann ging alles ziemlich schnell, und mir war klar, dass ich mich in Wolverhampton sportlich und menschlich am besten entwickeln kann", erzählt Estrada.

Die Umstellung zwischen den beiden Ligen war nicht einfach. Der englische Fußball ist schneller und körperbetonter: "Man hat hier nicht viel Zeit und Platz, um seine Aktionen auszuführen. Du musst sehr schnell handeln und dabei die richtige Entscheidung treffen." Estrada ist zufrieden mit seiner Entwicklung. Es läuft gut.

Von Simmering nach Graz

Zur selben Zeit hat der ehemalige Simmeringer Abwehrspieler Edin Ramić seine Koffer gepackt und ist in die Akademie von Sturm Graz gezogen. "Der schönste Moment in deinem Leben als Fußballer liegt noch vor dir", sagte einst ein Trainer, Ramić möchte ihn nicht enttäuschen. "Ich bin 17 Jahre alt und will in ein bis zwei Jahren einen Profivertrag unterschreiben", setzt sich der Innenverteidiger große Ziele. Die Konkurrenz ist enorm, tausende Jungfußballer leben in hochmodernen Leistungszentren denselben Traum.

Trainiert wird zweimal am Tag. Einmal am Platz, einmal in der Kraftkammer. Zur körperlichen Belastung kommt der mentale Druck. Talente müssen täglich Bestleistungen bringen, psychisch stark bleiben, funktionieren. Wer will, dass der Traum in Erfüllung geht, muss viel geben, viel opfern, und hat keine Garantie.

"Für mich ist Druck nichts Negatives. Ich habe das Gefühl, dass der Druck mich pusht, dass er mich nicht vergessen lässt, hart an mir zu arbeiten", sagt Estrada und bereut seinen Wechsel nicht: "Der Verein unterstützt mich sehr gut, wenn ich meine Freunde und das alte Leben vermisse, kann ich am Wochenende nach Hause fliegen."

Große Entbehrungen ohne Garantie

Auch Ramić vermisst oft seine in Wien gebliebene Familie. Graz ist zwar nicht weit entfernt, doch zeitlich gehen sich Treffen nur manchmal am Wochenende aus. Zu Hause sind alle stolz auf ihren "Fußballstar". Das motiviert ihn. "Ich weiß, dass ich einiges opfern muss, aber das ist es mir wert. Alles, was ich bisher geschafft habe, ist hart erarbeitet", sagt Ramić.

Die Zeitpläne der jungen Männer sind voll. Oft bleibt nur ein fußballfreier Tag in der Woche. Den verbringen sie am liebsten auf dem Sofa, beide sind privat eher ruhig und meiden den Mittelpunkt. Auf dem Platz aber können sie schnell umschalten und zu Führungsspielern mutieren.

Estrada bei der Vertragsunterzeichnung im Juli 2018 in Wolverhampton. "Ein persönlicher Traum ging in Erfüllung. Meine Familie glücklich und vor allem stolz zu sehen ist das schönste Gefühl, das es gibt."
Foto: Mike Tolfree

Von einem Plan B wollen beide nichts wissen und beschäftigen sich lieber mit Plan A, der Profikarriere. Beiden ist klar, dass sich von heute auf morgen alles ändern kann: "Eine Verletzung kann dein Fußballleben beenden, es ist wichtig, eine Ausbildung neben dem Sport zu absolvieren", weiß Ramić, der aktuell selbst mit einem Muskelfasereinriss zu kämpfen hat und an seinem Comeback arbeitet.

Die schulische Leistung muss stimmen, die meisten Vereine achten auf eine gute Ausbildung ihrer Schützlinge, falls es mit der Fußballkarriere nicht funktionieren sollte. Zu Recht, aktuelle Zahlen belegen, dass pro Jahrgang nur ein Spieler eines Vereins den Wechsel in den Profibereich schafft. Der Fußball schreibt nicht nur Erfolgsgeschichten.

Im Training wird um die Startplätze gekämpft und alles gegeben. "Jeder weiß, wie schwer es ist, ganz raufzukommen. Man steht immer unter Beobachtung", sagt Estrada, dessen Vorbild Toni Kroos ist, "weil er nie vergessen hat, woher er kommt". Die Profis der Wölfe sieht er öfters auf dem Trainingsgelände, manchmal schauen sie den Jungen beim Training zu. "Nuno (Trainer der Wolves, Anm.) gibt immer wieder Spielern aus der Jugend eine Chance."

Fußballer, aber vor allem Mensch

Ramić, der sich derzeit um eine Einbürgerung bemüht, lebt im Grazer Internat und hat sich gut eingelebt. Nach einigen schlechten Erfahrungen hat er jetzt einen Berater gefunden, der sich gut um ihn kümmert: "Er ist 24/7 für mich da."

Estrada dagegen ist bei einer Gastfamilie in Wolverhampton untergekommen: "Ich fühle mich sehr wohl und verstehe mich mit allen im Haus sehr gut. Sie versuchen es mir möglichst gemütlich zu machen und sorgen für eine familiäre Atmosphäre. Dafür bin ich sehr dankbar." Vielen jungen Fußballern geht es anders. Sie fühlen sich im Stich gelassen und nur als Sportler geschätzt. Die Angst zu versagen wächst so noch mehr.

"Ja, es gibt Momente, wo man merkt, nur als Fußballer anerkannt zu werden. Ich weiß aber, dass die Menschen, die mich lange genug kennen, mich nicht nur als Fußballer, sondern auch als Pascal schätzen", sagt Estrada, dessen Vater Mario Mühlbauer in der österreichischen Bundesliga für den LASK und Pasching aktiv war.

Der schwierigste Schritt steht beiden Kickern noch bevor: der Aufstieg zu den Profis. Das wissen beide, ohne zu weit in die Zukunft zu blicken. Estrada: "Ich versuche mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren." (Nedim Osmanovic, 13.2.2019)