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Der Meister der kleinen und der großen Form, George Gershwin.

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Viele glauben, es sei ein Musical. Andere sprechen mit Vehemenz von einer Oper und verweisen darauf, dass das Stück lange mit gravierenden Einschnitten gespielt und auch verfilmt wurde. Auch Dramaturg Christoph Wagner-Trenkwitz löst in seinen eloquenten Ausführungen im Programmheft die Gattungsfrage nicht. Die Premiere der konzertanten Aufführungsserie von Porgy and Bess machte jedenfalls eines klar, was man an der Volksoper schon vor Jahrzehnten wusste: Die Frage ist gar nicht so wichtig. Denn George Gershwins "Folk Opera" ist ein einsames Meisterwerk des Musiktheaters – und hat immer das Zeug zu einem Publikumsrenner.

Die aktuelle Produktion hätte ein ähnliches Potenzial, wenn sie denn eine vollständige wäre (und sich Haus eine Inszenierung hätte leisten mögen). Die Bühne, auf der sich Chor, Orchester und Solisten tummeln, ist hell beleuchtet, die Akustik jedoch nicht ideal: Manch opulenter Sound bleibt vor der Rampe hängen und strahlt gebremst in den Raum; den Stimmen widerfährt teils Ähnliches.

Am Ende kann das jedoch fast wieder vergessen werden: Denn der Dirigent Joseph R. Olefirowicz entfesselt beim präzisen Volksopernorchester Energie und macht noch mehr als die Wildheit, die Gershwin heraufbeschwören wollte, die symphonischen Ambitionen deutlich.

Voluminöser Bass

Dass diese Story auch in konzertanter Form berührt, verdankt sich einem guten Ensemble – allen voran den beiden Protagonisten: Melba Ramos ist eine eindringliche Bess, ihr Porgy Morris Robinson aber phänomenal. Er verkörpert mit seinem voluminösen Bass die Gutgläubigkeit, die überströmende Liebe und Fürsorge, das Leid und die Leidenschaft von Gershwins reinem Tor so vollkommen, dass durch ihn das konzertante Setting anmutet, als wäre das Werk dafür geschaffen.

Bereits sein reduziertes, konzentriertes stummes Spiel (etwa als Porgy diese Bess zu sich nimmt) ist bewegender als so manche szenische Aufführung als Ganze. (Daniel Ender, 11.2.2019)